22.09.2022

Neue Vorgaben zur Temperatur am Arbeitsplatz

Die Heizperiode beginnt und mit ihr die Frage: Wie soll die Raumtemperatur angesichts von Energieknappheit und hohen Kosten für Gas und andere Energieträger begrenzt werden? Die Energieeinsparverordnung (EnSikuMaV) eröffnet durch die Senkung von Raumtemperaturen neue Spielräume, um den Kostenanstieg zu bremsen. Dabei ist es wichtig, Beschäftigte in die neuen Sparmaßnahmen einzubeziehen und technische und organisatorische Aspekte zu berücksichtigen.

Mann reduziert die Höchsttemperatur auf 19 Grad Celsius.

Mit der „Verordnung zur Sicherung der Energieversorgung über kurzfristig wirksame Maßnahmen“ (Energieeinsparverordnung, EnSikuMaV) hat der Gesetzgeber die Möglichkeit geschaffen, die Raumtemperatur um ein Grad abzusenken gegenüber den bisher geltenden Vorgaben im Arbeitsschutz. Welche neue Raumtemperatur angestrebt werden kann, hängt also von den alten Regelungen in der Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) und den Technischen Regeln für Arbeitsstätten (ASR) ab. Letztere nennt als Temperaturkorridor „zwischen 12 und 20 Grad Celsius“ (ASR A3.5).

Die „alten“ Regelungen zur Raumtemperatur

Die konkrete Temperatur am Arbeitsplatz orientiert sich an der Schwere der Arbeit.

  1. So sind bei „schwerer Arbeit“ mindestens 12 Grad notwendig.
  2. 20 Grad Celsius beträgt die Mindesttemperatur für „leichte Arbeit“, z.B. Bürotätigkeiten.
  3. Auf mindestens 21 Grad sind Bereitschafts- und Erste-Hilfe-Räume sowie Pausen-, Sanitär- und Bereitschaftsräume zu beheizen.
  4. Sofern in Waschräumen Duschen installiert sind, hat die Temperatur während einer Nutzung mindestens 24 Grad Celsius zu betragen.

Energieeinsparverordnung: Arbeitsstätte darf nun kühler werden

Die Energieeinsparverordnung besagt nicht, dass die Raumtemperatur über den ganzen Betrieb hinweg abgesenkt werden kann. So bleibt die Mindesttemperatur in Räumen, in denen schwere Arbeiten verrichtet werden, unverändert bei 12 Grad. Ebenso sind die Pausen-, Sanitär- und Bereitschaftsräume sowie die Kantine und die Erste-Hilfe-Räume von der Energieeinsparverordnung ausgenommen. In diesen Räumen ist also weiterhin eine Mindesttemperatur von 21 Grad vorgegeben.

Geändert haben sich die Temperaturen in diesen Fällen:

  • 19 Grad Celsius: leichte und überwiegend sitzende Tätigkeit
  • 18 Grad Celsius: leichte Tätigkeiten überwiegend im Stehen und Gehen sowie mittelschwere und überwiegend sitzende Tätigkeiten
  • 16 Grad Celsius: Diese Mindesttemperatur gilt für mittelschwere Tätigkeiten überwiegend im Stehen oder Gehen.

Die Regelungen der Energieeinsparverordnung gelten zunächst bis zum 28. Februar 2023. Eine Unterscheidung nach Energieträgern erfolgt nicht. Ob eine Verlängerung oder eine Verschärfung zu erwarten ist, hängt von der dann aktuellen Energiesituation ab.

Wer muss und wer darf weniger heizen?

Wichtig ist zunächst, dass privatwirtschaftliche Arbeitgeber nicht verpflichtet sind, die „neuen“ Temperaturen einzuhalten. Vielmehr dürfen sie wie bisher auch die Raumtemperatur nach oben frei wählen.

Anders ist das bei Arbeitsräumen in öffentlichen Gebäuden. Dort darf die Lufttemperatur – je nach Art und Schwere der Arbeit – Temperaturen von 12 bis 19 Grad nicht übersteigen. Diese Regeln gelten allerdings nicht für Krankenhäuser, Kitas, Schulen oder ähnliche Einrichtungen.

So setzen Sie die Energieeinsparverordnung um

Egal ob öffentlicher oder privatwirtschaftlicher Sektor, wenn Sie Energie einsparen und die Raumtemperaturen deshalb senken wollen, gelingt dies umso eher, je mehr Sie die Beschäftigten in den Entscheidungsprozess einbeziehen. Da der Betriebsrat bei diesem Thema ein erzwingbares Mitbestimmungsrecht hat (§ 87 Abs. 1 BetrVG), bietet sich das dringend an. Es geht also darum, eine Sensibilisierung für das Thema zu erzeugen und gleichzeitig Ideen für Energieeinsparungen zu erzeugen.

Beispiele dafür sind:

  • So weit wie möglich soll auch im Winter die Sonne als Wärmequelle genutzt werden. Entsprechend sind Rollos und Jalousien so wenig wie möglich zu nutzen.
  • Thermostate an Heizkörpern sind maximal bis zu einer festgelegten Temperatur bzw. Stufe hochzudrehen.
  • Mitarbeiter sollten vorausschauend heizen. So sind die Heizkörper ca. 30 Minuten, bevor die letzte Person einen Raum verlässt, herunterzudrehen.
  • Nicht oder nur selten benutzte Räume sollen auf etwa 14 Grad Celsius herunterreguliert werden (ggf. Energieberater fragen, was bezogen auf die spezielle Nutzung Sinn macht).
  • Türen geschlossen halten, wenn dies möglich und sinnvoll ist
  • Fensterlüftung nur als Stoßlüftung, keine gekippten Fenster
  • Personen können statt in halb leeren Räumlichkeiten gemeinsam in Räumen arbeiten; die dadurch freien Räume können auf Mindesttemperatur herunterreguliert werden. Hier könnte allerdings ein Konflikt mit dem Infektionsschutz entstehen.
  • Zusätzliche Heizgeräte (Heizlüfter) sind untersagt.
  • Beschäftigte sollen in wärmender Kleidung zur Arbeit erscheinen.

Das Problem der Heizkosten besteht selbstverständlich nicht nur im Betrieb, sondern auch bei den Beschäftigten privat zu Hause. Ergänzen Sie deshalb die betrieblichen Tipps um Hinweise, wie auch dort der Anstieg von Heiz- und Energiekosten gebremst werden kann. Dies erhöht die Akzeptanz auch bei den betrieblichen Vorgaben.

Akzeptanz für die Einsparung von Heizkosten herstellen

Beschäftigte akzeptieren etwaige Maßnahmen umso mehr, je mehr sie den Sinn hinter den Maßnahmen erkennen. Bitten Sie deshalb das Controlling um eine Kostenübersicht, wo die höchsten Heizkosten entstehen und wie sich die Heizkosten in den letzten Monaten entwickelt haben bzw. wie die Prognose für diesen Winter ist. Erläutern Sie dann mit diesem Schema, wo die wichtigen Stellschrauben bei den Heizkosten sind:

Energieverbrauch niedrig Energieverbrauch hoch
Einfluss der Beschäftigten niedrig Keine Priorität Priorität 2: Hier sollten technische oder organisatorische Lösungen geprüft werden (z.B. häufiges Öffnen von Lagertoren mit starken Wärmeverlusten beim Einfahren von Fahrzeugen).
Einfluss der Beschäftigten hoch Priorität 3: schriftlich auf Einsparmöglichkeiten hinweisen (z.B. Türen von Büroräumen verschlossen halten) Priorität 1: Diese Maßnahmen sollten vereinbart und persönlich unterwiesen werden (z.B. Einstellung der Heizkörper im Büro, Lüftung mit Frischluft).
Autor*in: Martin Buttenmüller