28.03.2022

Muskel-Skelett-Erkrankungen: Wenn Arbeit auf die Knochen geht

Körperlich sehr anstrengende Tätigkeiten belasten die Muskeln, Gelenke und den Skelettapparat. Neben Industrie und Handwerk betrifft die Gefahr von Muskel-Skelett-Erkrankungen vor allem den Bereich der Pflege. Die gesundheitlichen Folgen für die Beschäftigten sind massiv. Darauf reagiert jetzt die aktualisierte Fassung der DGUV Information 208-033 „Muskel-Skelett-Belastungen erkennen und beurteilen“. Neu sind vor allem die mehrstufige Gefährdungsanalyse körperlicher Belastungen am Arbeitsplatz, neu definierte Belastungsarten und ein Risikokonzept für gesundheitliche Beeinträchtigungen. Lesen Sie hier eine kurze Einführung zu dieser wichtigen aktuellen DGUV Information.

Mann mit Muskel-Skelett-Erkrankungen an der Wirbelsäule

Muskel-Skelett-Erkrankungen sind ein weites Feld: Verspannungen, Bandscheibenschäden, Arthrosen bis hin zu Durchblutungsstörungen und Nervenschädigungen sind möglich. Neben der körperlichen Tätigkeit als solcher sind auch Zwangshaltungen, repetitive Tätigkeiten, starke Krafteinwirkungen und Vibrationen kritisch zu sehen.

Die zum Jahreswechsel aktualisierte DGUV Information 208-033 „Muskel-Skelett-Belastungen – erkennen und beurteilen“ kann deshalb an allen Arbeitsplätzen mit körperlichen Belastungen relevant sein. Besonderheiten beim Bewegen von Menschen werden speziell in DGUV Information 207-022 „Bewegen von Menschen im Gesundheitsdienst und in der Wohlfahrtspflege“ berücksichtigt.

Gefahren durch Arbeiten in Zwangshaltung

Von Zwangshaltungen wird gesprochen, wenn die Tätigkeit, das Arbeitsmittel oder die Gestaltung des Arbeitsmittels Beschäftigte dazu zwingt, bestimmte Körperhaltungen mit nur geringen Bewegungsspielräumen einzunehmen. Schädigungen und Erkrankungen von Rücken und Gelenken drohen etwa durch statische Haltearbeit, Druckeinwirkungen oder Stellungen der Gelenke in extremen Winkeln.

Ungesund: repetitive Tätigkeiten

Wenn sich Tätigkeiten ständig wiederholen (repetitive Tätigkeiten), werden Hand-, Ellenbogen- und Schultergelenke besonders belastet. Belastungen durch repetitive Tätigkeiten sind z.B. bei Fließbandmontagen, Kassenarbeitsplätzen, Kontroll- und Sortierarbeiten oder gleichförmigen Tätigkeiten wie Nähen oder Musizieren zu erwarten. Sind repetitive Tätigkeiten mit anderen Belastungen kombiniert, erhöht dies jeweils das Risiko von Muskel-Skelett-Erkrankungen.

Tätigkeiten mit stark einwirkenden Kräften

Beispiele für Tätigkeiten, bei denen starke Kräfte auf die Beschäftigten einwirken, sind das Steigen von Leitern und Treppen, Pflegetätigkeiten (Bewegen von Menschen) sowie die Bedienung bestimmter Arbeitsmittel, beispielsweise beim Bohren oder Stemmen.

Hand-, Arm- oder Ganzkörpervibrationen

Arbeitsmaschinen wie handgeführte Bohrer oder Abbruchhämmer verursachen Hand-Arm-Vibrationen, die das Muskel-Skelett-System belasten können. Ganzkörpervibrationen treten etwa beim Fahren von Erdbaumaschinen und Ladern auf.

Wann wird aus Belastungen eine Gefährdung?

Die Art der körperlichen Belastung allein lässt noch keine Aussage über eine tatsächliche Gefährdung zu. Um Gefährdungen für das Muskel-Skelett-System zu erheben, sind insbesondere die Höhe, die Dauer und die Häufigkeit der Belastungen zu ermitteln. Berücksichtigen Sie dabei auch persönliche Faktoren wie die körperliche Fitness der Beschäftigten oder Erfahrungen im Umgang mit Belastungen und bereits umgesetzten Schutzmaßnahmen.

Wann sollten Sie Gefährdungen beurteilen?

Wenn eine erste, orientierende Gefährdungsbeurteilung ergibt, dass wesentlich erhöhte Belastungen und damit mögliche Gefährdungen nicht ausgeschlossen werden können, dann müssen Sie die vom Gesetzgeber vorgesehene Gefährdungsbeurteilung durchführen und ggf. Schutzmaßnahmen vor Muskel-Skelett-Erkrankungen planen und umsetzen. Die DGUV Information 208-033 bietet zur orientierenden Gefährdungsbeurteilung eine Checkliste.

Beziehen Sie bei der Gefährdungsbeurteilung die Beschäftigten möglichst früh ein. Insbesondere bei der Planung von Schutzmaßnahmen (z.B. durch eine Verbesserung der Ergonomie) sind ihre praktischen Erfahrungen von großem Wert. Die frühe Einbeziehung verbessert auch die Akzeptanz und reduziert den Bedarf an späteren Unterweisungen.

Nicht „altersgerecht“, sondern „alternsgerecht“!

Die Basis für lange Arbeitsfähigkeit muss schon in jüngeren Jahren gelegt werden, indem Verschleißkrankheiten und Verletzungen von vornherein verhindert werden. Deshalb sollten grundsätzlich alle Arbeitsplätze alternsgerecht strukturiert sein, gerade bei hohen Muskel-Skelett-Belastungen.

  • Arbeitsplätze können je nach Belastbarkeit des Beschäftigten z.B. durch eine Veränderung von Lastgewichten oder Bereitstellung geeigneter Hilfsmittel anders eingerichtet werden.
  • Abläufe sollen so geplant sein, dass Stückzahlen variiert werden können.
  • Durch Unterweisungen direkt am Arbeitsplatz sollen alle Beschäftigten das ergonomische Bewegen von Lasten einüben.

Laden Sie sich die Checkliste „10 präventive Maßnahmen gegen Muskel-Skelett-Erkrankungen“ herunter

Anhand der Checkliste können Sie Ihre eigenen Maßnahmen zum Schutz vor Muskel-Skelett-Erkrankungen überprüfen und erhalten außerdem wertvolle Tipps für mögliche weitere Maßnahmen. Wie immer finden Sie Ihre Zugangsdaten auf der Titelseite der aktuellen Ausgabe von „Arbeitsschutz-Profi AKTUELL“. Als „Noch-nicht-Abonnent“ brauchen Sie lediglich diese aktuelle Ausgabe von „Arbeitsschutz-Profi AKTUELL“ als kostenloses Probeheft anzufordern.

Autor*in: Markus Horn