10.10.2022

Gefährdungsbeurteilung für mobiles Arbeiten: Die Checkliste für gesunde Mitarbeiter

Mobile Arbeit von unterwegs oder zu Hause hatte schon vor Beginn der Corona-Pandemie zugenommen. Die Pandemie verstärkte diesen Trend. Umso wichtiger ist es, bekannte Gefährdungen mobiler Arbeit ernst zu nehmen und entsprechende Maßnahmen zu ergreifen. Nutzen Sie daher unsere Checkliste zur Gefährdungsbeurteilung für mobiles Arbeiten und lesen Sie hier mehr über das richtige Raumklima, die Herausforderungen der Ergonomie u.v.m. bei mobiler Arbeit.

Frau arbeitet mobil im Zug: Ihr Arbeitsschutz muss eine Gefährdungsbeurteilung mobiles Arbeiten erstellen.

Was ist die Gefährdungsbeurteilung für mobiles Arbeiten?

Für Mitarbeiter, die mobil arbeiten müssen Arbeitgeber immer gemäß eine Gefährdungsbeurteilung für mobiles Arbeiten erstellen. Dazu verpflichtet sie § 5 Arbeitsschutzgesetz. Sie müssen demnach also zentrale Gefährdungen für Sicherheit und Gesundheit mobil arbeitender Beschäftigter auflisten, bewerten und durch entsprechende Schutzmaßnahmen abfedern.

Was ist mobiles Arbeiten?

Mitarbeiter, die mobil arbeiten, erbringen ihre Arbeitsleistung, ohne dass der Ort vorgegeben ist. Arbeiten können sie z.B. in einem Café, einem Co-Working-Space oder im Homeoffice. Homeoffice bezeichnet also nur den Teilbereich der Telearbeit, der im häuslichen Umfeld stattfindet.

Die Gefährdungen zwischen Homeoffice und mobiler Arbeit ähneln sich zwar, gleichen sich jedoch nicht. Bei mobiler Arbeit weisen die Arbeitsbedingungen tatsächlich eine größere Varianz auf – und sie können unter ergonomischen Gesichtspunkten auch viel schlechter sein. Im Homeoffice kann zumindest davon ausgegangen werden, dass Tisch und Stuhl vorhanden sind, bei mobiler Arbeit nicht.

Lesen Sie hier mehr zur Gefährdungsbeurteilung im Homeoffice.

Warum ist eine Gefährdungsbeurteilung für mobile Arbeit wichtig?

Die Gefährdungsbeurteilung für mobiles Arbeiten ist die Basis, um ein gesundes und ergonomisches Arbeitsumfeld zu schaffen. Mit ihrer Hilfe könnten Mitarbeiter ihre Arbeitsplätze so durchgehen, als hätten Sie eine Checkliste für sicheres mobiles Arbeiten zur Hand: Was wäre z.B. unter ergonomischen Gesichtspunkten das Beste? Welchen Risiken müssen sie vorbeugen?

Denn längst wird „mobil“ buchstäblich überall gearbeitet: im Zug, im Café, ja selbst im Taxi oder Wartehäuschen. Für Arbeitsschützer bedeutet das, kaum noch kontrollieren zu können, unter welchen Bedingungen Arbeitsleistungen erbracht werden.

Ohne klare Empfehlungen, die auf einer solchen Gefährdungsbeurteilung für mobile Arbeit basieren, wird es kaum noch möglich sein, ein gesundes, ergonomisch vernünftiges Arbeitsumfeld herzustellen.

Checkliste: Physische Arbeitsbedingungen für die  Gefährdungsbeurteilung mobiles Arbeiten

Bei einer Gefährdungsbeurteilung für mobiles Arbeiten sollte unterschieden werden zwischen Gefährdungen an Orten für länger dauernde Tätigkeiten und Gefährdungen für Kurzzeittätigkeiten.

  • Kurzzeittätigkeiten verrichten Arbeitnehmer z.B. in Verkehrsmitteln, Cafés oder vor Ort bei Kunden. Wenn Beschäftigte mehr als ein bis zwei Stunden am Stück tätig sind, sind solche Gelegenheitsarbeitsplätze jedoch nicht geeignet.
  • Länger andauernde Tätigkeiten finden etwa im Homeoffice, in Filialen oder Co-Working-Spaces statt.

Egal, wo Mitarbeiter ihrer mobilen Arbeit nachgehen, folgende Rahmenbedingungen aus unserer Checkliste müssen stimmen:

1. Raumgrößen und Arbeitsflächen bei mobilem Arbeiten

Hinter der Arbeitsfläche sollte ausreichend Raum für wechselnde Arbeitshaltungen (circa. 1,5 Meter) zur Verfügung stehen. Der Arbeitsbereich sollte ein eigenes Zimmer oder zumindest ein klar abgetrennter Bereich (nicht der Küchentisch) sein. Dies gilt auch für längere Tätigkeiten bei Fremdunternehmen.

An Co-Working-Spaces sind ähnliche Anforderungen wie an betriebliche Büroarbeitsplätze anzulegen: Ein Bildschirmarbeitsplatz benötigt mindestens acht bis zehn Quadratmeter. In Gemeinschaftsräumen ist auf eine angemessene Raumhöhe zu achten.

Auch bei der Arbeit in Hotels oder Bibliotheken soll ausreichend Platz vorhanden sein, um die Handballen aufzulegen und die Körperhaltung zu wechseln.

In Zügen sollte geprüft werden, wie Beschäftigte ausreichend Platz erhalten. Dazu sind Plätze mit Tischen zu reservieren, und zwar zu weniger frequentierten Fahrtzeiten. Lassen Sie auch prüfen, ob die Beschäftigten in der 1. Klasse fahren können.

2. Licht- und Beleuchtungsverhältnisse

An den mobilen Arbeitsplätzen sollten die Lichtverhältnisse analog zu denen am betrieblichen Arbeitsplatz sein:

  • Die mobilen Arbeitsplätze sollen über seitliches Tageslicht und eine Sichtverbindung nach außen verfügen.
  • Die Bildschirme und die mobilen Arbeitsplätze an sich sollten frei von Reflexionen und Blendungen sein.
  • Die künstliche Beleuchtungsstärke sollte 500 lx nicht unterschreiten.

3. Akustik/Lärm

Mobile Arbeitsplätze sollten einen möglichst geringen Geräuschpegel aufweisen. Dies gilt insbesondere für Tätigkeiten mit hoher Konzentrationsleistung und/oder sprachabhängige Tätigkeiten.

Werden Co-Working-Arbeitsplätze angemietet, soll geprüft werden, ob diese den Anforderungen nach ASR A3.7 entsprechen.

Bibliotheken bieten die Möglichkeit für konzentriertes Arbeiten bei sprachunabhängigen Tätigkeiten.

In Zügen können Sitzplätze in Ruhezonen hilfreich sein, wenn keine sprachbasierten Tätigkeiten erforderlich sind.

4. Raumklima

Sofern Beschäftigte auf das Raumklima Einfluss nehmen können, sollen sie eine Lufttemperatur zwischen 20 °C und 26 °C einstellen. Die Lüftung wird optimalerweise über Fenster, ansonsten über RLT-Anlagen sichergestellt. Ferner sind die Bedingungen nach ASR A3.5 und ASR A3.6 anzustreben.

5. Smartphone und Tablets

Haben Sie schon einmal gehört, was das Facebook-Logo einem Scherz zufolge darstellen soll? Einen Menschen, der sich wie ein kleines „f“ über seinem Smartphone zusammenkrümmt. Mit dem Smartphone vor Augen beugen die meisten Menschen ihren Nacken, manche beugen zusätzlich den Rumpf und viele – vor allem Männer – ziehen auch noch die Schultern hoch. Tablets werden ähnlich verkrampft genutzt.

Mann sitzt ergonomisch ungünstig an seinem Handy.
Vergessen Sie bei der Gefährdungsbeurteilung für mobiles Arbeiten insbesondere die Anforderungen der Ergonomie nicht: Handys z.B. sind für die BIldschirmarbeit ungeeignet.

Zwangshaltungen kommen im Alltag zwar häufiger vor, aber entscheidend ist immer die Frage nach der Dauer. Mobile Geräte werden sehr oft für längere Zeit in Zwangshaltungen benutzt, die Muskel-Skelett-Erkrankungen nach sich ziehen können. Handys und Tablets sind für das mobile Arbeiten (Bildschirmarbeit) deshalb nicht empfehlenswert!

6. Laptop als PC-Ersatz

Bei Laptops sollte der Bildschirm so aufgestellt sein, dass nur eine leichte Kopfneigung notwendig ist, damit der Blick senkrecht auf den Bildschirm trifft. Die erste Bildschirmzeile sollte sich unterhalb der Augenhöhe befinden. Tastaturen sollen mittig im Greifraum angeordnet sein, während die Maus vor dem Körper im Schulterbereich platziert wird. Der Sehabstand zum Bildschirm sollte 50 cm nicht unterschreiten.

Generell sind Laptops für die reguläre Bildschirmarbeit ergonomisch ungeeignet. Sie kommen dann allenfalls für kurze Texte oder eine Recherche infrage. Zumindest ohne Zusatzausstattung dürfen Sie sie nicht als stationäre Rechner an Arbeitsplätzen einsetzen.

Wenn Ihre Kollegen länger daran arbeiten, benötigen sie das volle Programm externer Peripherie:

  • separater Monitor
  • externe Tastatur
  • Maus etc.

Völlig inakzeptabel ist die Arbeit mit dem Laptop auf den Oberschenkeln – selbst unterwegs und nur für kurze Zeit. Auch improvisierte Lösungen wie Küchentisch und -stühle als Schreibtischersatz sind aus ergonomischer Sicht problematisch.

7. Sitzmöbel und Sitzhaltung

Bei Schreibtischtätigkeiten ist es immer gesundheitsförderlich, wenn die Beschäftigten zwischen Sitzen und Stehen wechseln. Mobiles Arbeiten sollte das in der Gefährdungsbeurteilung reflektieren, je nach Art des Arbeitsorts.

Im Homeoffice und an Co-Working-Arbeitsplätzen können Arbeitstisch und Arbeitsstuhl nach ergonomischen Gesichtspunkten ausgewählt werden. „Fremde“ Möbel sollten vor Gebrauch so eingestellt werden, dass Arbeitsfläche und -stuhl, Tastatur und Bildschirm eine ergonomisch günstige Arbeitshaltung ermöglichen.

In Cafés sind Stehtische vorteilhaft, da diese eine Abwechslung vom häufigen Sitzen unterwegs ermöglichen.

Geben Sie den Beschäftigten zur Ergonomie einfache, griffige Tipps

Geben Sie den Beschäftigten keine schwer zu merkenden Daten zu ergonomisch sinnvollen Einstellungen mit, sondern arbeiten Sie mit Faustregeln, zum Beispiel für Bürodrehstühle:

  • Die Sitztiefe ermöglicht das Ausnutzen der vollen Sitzfläche.
  • Der Abstand zwischen der Vorderkante des Drehstuhls und dem Unterschenkel beträgt eine Handbreit.
  • Die Unterarme können auf der Tischplatte so aufgelegt werden, dass der Ellbogen einen 90-Grad-Winkel bildet.

Solche „Drei Tipps für …“ sind leicht zu merken und damit für das mobile Arbeiten sehr hilfreich.

Checkliste: Psychische Belastungen in der Gefährdungsbeurteilung für mobiles Arbeiten

Wegen der guten Work-Life-Balance und der guten Vereinbarkeit mit Familie schwören viele auf mobile Arbeit. Mehrere Tage pro Woche zu Hause zu arbeiten oder aus dem Lieblingscafé heraus, klingt erst einmal gut, vor allem wenn die Alternativen das Großraumbüro oder das tägliche stundenlange Stop-and-go in der Rushhour sind.

Aber das mobile Arbeiten ist nicht die Lösung aller Probleme: Auch hier begegnen Arbeitnehmer verschiedenen Gefährdungen – vor allem für ihre psychische Gesundheit. Manche kommen mit diesen Belastungen besser, manche schlechter zurecht. Auf jeden Fall sollte jedoch eine Gefährdungsbeurteilung für mobile Arbeit diese psychischen Belastungen abdecken. Was genau Sie hier beachten sollten, erfahren Sie in der folgenden Checkliste.

1. Ständige Erreichbarkeit in der Gefährdungsbeurteilung für mobiles Arbeiten

Ständige Erreichbarkeit ist kein Problem, für das Mobilgeräte allein verantwortlich sind, aber sie können dieses Problem bis zum Äußersten verstärken. Viele Menschen fühlen sich damit auch noch unterwegs oder nach Feierabend dazu verpflichtet, etwa sofort auf E-Mails zu reagieren oder etwas im Internet zu recherchieren, oft auch noch im Bett kurz vor dem Einschlafen. Es ist dann nicht mehr wirklich möglich, Arbeit und Privatleben zu trennen. Damit erhöht sich das Risiko psychischer Belastungen erheblich.

Ohnehin bereitet eine klare Trennlinie manchen Menschen hier große Schwierigkeiten. Sie haben auch das Gefühl, zu Hause besonders viel leisten zu müssen, um nicht undankbar zu erscheinen und das Vertrauen zu rechtfertigen, das sich seitens ihres Arbeitgebers im mobilen Arbeiten ausdrückt.

2. Nachteile für das soziale Miteinander

Viele Menschen fühlen sich im Kreise ihrer Kollegen wohl – das fällt ihnen aber erst auf, wenn sie allein arbeiten. Tatsächlich bringt die Arbeit in Gesellschaft einige Vorteile mit sich: Im Büro funktioniert die Kommunikation in der Regel besser. Viele Infos laufen sonst Gefahr, verloren zu gehen.

Mann sieht Kollegen in seinem Bildschirm über Onlinedienst.
Bei der Gefährdungsbeurteilung für mobile Arbeit sollten Sie berücksichtigen, dass die meisten Menschen ihren Kollegen live begegnen wollen, statt sie immer nur auf einem kleinen Bildschirm zu sehen.

Etwas besser sieht es aus, wenn Teams im Chat miteinander verbunden sind. Doch auch hier gibt es Grenzen. So ist schon von „Zoom-Fatigue“ die Rede – eine Erschöpfung, die sich durch die häufige Teilnahme an Videokonferenzen bemerkbar machen kann. Denn es ist anstrengend, die Kollegen nur noch als kleine „Kästchen“ wahrzunehmen und dabei noch mit technischem Stress, wie zum Beispiel bei einer verzögerten Übertragung oder zu langsamem Internet, leben zu müssen.

Im Büro finden sich bei Bedarf Kollegen, die mit Rat und auch mit Tat zur Stelle sind, wenn es eng wird. Und sei es nur, dass der Drucker wieder mal nicht tut, was er soll. Selbst Vorgesetzte sind im Büro keineswegs unwillkommen, wenn schnelle Entscheidungen gebraucht werden. Im Homeoffice kann es an dieser Stelle leicht passieren, dass man nicht weiterkommt.

Nicht zuletzt bieten viele Büros auch eine durchaus angenehme Arbeitsatmosphäre.

3. Entgrenzung der Arbeit

Viele Probleme treten vor allem dann auf, wenn jemand ausschließlich mobil arbeitet. Die Befürchtung, dass darunter die Work-Life-Balance – also das Verhältnis zwischen Arbeit und Privatleben – leiden kann, ist leider berechtigt.

Manche Menschen können sich beispielsweise darüber freuen, wenn ihre Kinder im Homeoffice gelegentlich hereinplatzen, um sie von der Arbeit abzuhalten. Andere dürfen dagegen auf keinen Fall gestört werden, weil sie sich sonst nicht konzentrieren können und weil sie dazu tendieren, die Arbeit vom Tag in die Abend- und Nachtstunden zu verschieben. Tatsache ist, dass die mobile Arbeit ein höheres Maß an Selbstdisziplin und Zeitmanagement erfordert, wenn das Privatleben nicht leiden soll.

Auch im Betrieb fallen oft Überstunden an. Zu Hause aber ist die Gefahr größer, nicht mehr an Pausen im Homeoffice oder die 40-Stunden-Woche zu denken und sich selbst auszubeuten.

Solche Probleme treten nicht oder weniger stark auf, wenn mobile Arbeit ergänzend zum Büro eingesetzt wird und auf maximal drei Tage pro Woche beschränkt wird. Dann bleibt der persönliche Kontakt zu Kollegen und Vorgesetzten erhalten, und wenn sich etwas zu Hause nicht klären oder lösen lässt, dann nimmt man es eben am nächsten Tag mit in den Betrieb. Wer in erster Linie selbstbestimmt arbeiten möchte, profitiert von der Möglichkeit des mobilen Arbeitens und wird die mobile Arbeit vermutlich nicht mehr missen wollen.

Mit Vorlagen die Gefährdungsbeurteilung für mobiles Arbeiten einfacher unterweisen

Sie können bei Kollegen, die mobil arbeiten, nicht im Vorbeigehen die Einstellung des Bürostuhls, die Sitzhaltung oder die Stellung des Monitors kontrollieren. Legen Sie ihnen deshalb in Unterweisungen nahe, an ihre Gesundheit zu denken, wenn sie mobile Geräte einsetzen. Sie können selbst bestimmen, wie sie arbeiten – und Verantwortungsbewusstsein ist dafür die wichtigste Voraussetzung.

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Fazit zur Gefährdungsbeurteilung für mobile Arbeit

Wer mobil arbeitet, muss seine Sicherheit und Gesundheit selbst im Auge behalten. Das entbindet den Arbeitgeber jedoch nicht von der Pflicht zur Gefährdungsbeurteilung und zur Unterweisung – letzteres zum Beispiel zu den Vorschriften zu Arbeitszeiten, Pausen oder zur Ergonomie. Die oben genannten physischen und psychischen Gefährdungen sollten sich auch sowohl in der Gefährdungsbeurteilung für mobiles Arbeiten als auch in der Unterweisung wiederfinden.

Mehr zum Thema mobiles Arbeiten lesen Sie in unseren Artikeln zum Arbeitsschutz im Homeoffice oder zur Gesundheit im Homeoffice. In unserem Artikel zur Gefährdungsbeurteilung finden Sie zudem viele weitere Informationen.

 

Autor*innen: Martin Weyde, Christine Lendt, Markus Horn, WEKA Redaktion