10.02.2022

Lärm am Arbeitsplatz: So schützen Sie vor Lärmschwerhörigkeit

Viele langjährig Beschäftigte stören sich nicht an einer lauten Arbeitsumgebung. „Ich habe mich daran gewöhnt“ ist eine häufige Aussage. Dabei wird verkannt, dass diese „Gewöhnung“ eine Umschreibung für eine schleichende und im Ergebnis massive Gehörschädigung sein kann. Diese ist irreversibel: Lärmschwerhörigkeit gehört zu den am häufigsten anerkannten Berufskrankheiten. Deshalb sollten die Akteure des Arbeits- und Gesundheitsschutzes auch unabhängig von Beschwerden der Belegschaft dem Thema Lärm am Arbeitsplatz große Aufmerksamkeit schenken.

Lärm

Gesundheitliche Folgen von Lärm am Arbeitsplatz

Lärm am Arbeitsplatz kann das Gehör schädigen. Wer von Lärmschwerhörigkeit betroffen ist, erkennt die Symptome oft selbst nicht oder sehr spät, weil der Hörverlust über einen langen Zeitraum hinweg eintritt. Das Umfeld gewöhnt sich daran, dass man mit dem Kollegen bzw. der Kollegin etwas lauter sprechen muss. Es gibt jedoch oft klare Anzeichen, dass eine Gehörschädigung droht bzw. schon eingetreten ist:

  • Beschäftigte verkürzen in Gesprächen die übliche Distanz, um besser hören zu können.
  • Nachfragen in Gesprächen („Kannst du das bitte wiederholen?“) und Missverständnisse in der Kommunikation häufen sich.
  • Zunächst werden höhere Töne nicht mehr gehört.
  • Hintergrundgeräusche werden nicht wahrgenommen.
  • Stimmen von verschiedenen Personen können nicht auseinandergehalten werden.
  • Betroffene berichten von „Ohrgeräuschen“.

Besteht der Verdacht auf eine beginnende oder fortgeschrittene Lärmschwerhörigkeit, sollten die Betroffenen einen Hörtest durchführen und mit dem Arzt bzw. der Ärztin über Schutzmaßnahmen und ggf. das Tragen eines Hörgeräts sprechen. Die Begründung dafür ergibt sich aus der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers gegenüber den Betroffenen, aber auch gegenüber deren Kollegen: Wer beispielsweise einen von hinten heranrollenden Gabelstapler nicht hört, kann sich selbst nicht in Sicherheit bringen, aber auch gefährdete Kollegen nicht warnen.

Nicht nur, dass Lärm am Arbeitsplatz Lärmschwerhörigkeit verursacht: Schon ein niedriger Lärmpegel stresst, beeinträchtigt die Psyche und stört die Konzentration. Die Wahrnehmung der Beschäftigten verengt sich; unter Umständen überhören sie dadurch Warnsignale oder Warnhinweise von Kollegen.

Aktive und passive Lärmschutzmaßnahmen

Neben dem Schutz des Hörvermögens der Beschäftigten gibt es also viele weitere Gründe, Lärm am Arbeitsplatz zu reduzieren.

Dabei wird zwischen aktiven und passiven Lärmschutzmaßnahmen unterschieden:

  • Aktive Lärmschutzmaßnahmen wirken direkt an der Lärmquelle. Beispiele dafür sind Schwingungsisolierungen, Dämmungen und Schalldämpfer.
  • Passive Lärmschutzmaßnahmen schützen die Beschäftigten durch persönliche Schutzausrüstung, z.B. Kapselgehörschützer, Gehörschutzstöpsel oder Otoplastiken.
Mann setzt Gehörschutz ein und schützt sich vor Lärm am Arbeitsplatz
Die richtige Anwendung von Gehörschutz muss unterwiesen werden.

Lärm am Arbeitsplatz richtig messen

Welche Schutzmaßnahmen in welchem Umfang notwendig sind, ermitteln Schallintensitätsmessungen, die in der betrieblichen Umgebung die Lärmemissionen ermitteln. Dazu dient beispielsweise das Schallintensitätsmessverfahren nach DIN EN ISO 9614. Nach Auskunft des Bundesamts für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) kann allerdings auf zwei der drei dort genannten Feldindikatoren verzichtet werden, um mit einem stark vereinfachten Messverfahren gültige und genaue Messergebnisse zu gewinnen.

Das vereinfachte Schallintensitätsmessverfahren wird auf der BAuA-Website vorgestellt.

BAuA-App misst zukünftige Lärmbelastung in Arbeitsräumen

Schon bei der Planung von Arbeitsverfahren und vor der Anschaffung von Maschinen und Geräten gilt es, die zukünftige Lärmbelastung von Beschäftigten zu berücksichtigen. Das Bundesamt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) bietet eine kostenlose App, mit der die zukünftige Lärmbelastung in Arbeitsräumen bei der Planung abgeschätzt werden kann: die SchallPrognoseApp.

Die App unterstützt bei der Durchführung der Gefährdungsbeurteilung, bei der Einrichtung und Veränderung von Arbeitsstätten und bei Wirksamkeitsprüfungen von Schutzmaßnahmen. Damit ist es möglich, früh zu reagieren, wenn Lärmbereiche entstehen oder Auslöseschwellen überschritten werden. Die App arbeitet auf der Basis des Spiegelquellenverfahrens nach VDI 3760, Anhang A sowie der einzutragenden Geräuschemissionsangaben von Maschinen und Anlagen sowie Raumeigenschaften, Abmessungen und Absorptionseigenschaften von Decken und Wänden. Als Ergebnis zeigt sie eine Ampel an, die verdeutlicht, ob Handlungsbedarf besteht oder nicht.

Gesetzliche Grundlagen des Lärmschutzes

Gesetzliche Grundlage für den Lärmschutz ist zunächst das Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG), das die grundlegenden Anforderungen an den Schutz von Beschäftigten regelt. Wichtig speziell für den Lärmschutz ist die Lärm- und Vibrations-Arbeitsschutzverordnung (LärmVibrationsArbSchV), die Auslöse- und maximal zulässige Expositionswerte angibt:

  • Bei Überschreiten von Auslösewerten sind bestimmte Arbeitsschutzmaßnahmen (z.B. Gehörschutz bereitstellen) durchzuführen. Definiert sind untere (ab 80 dB[A]) und obere (ab 85 dB[A]) Auslösewerte.
  • Zusätzlich ist ein maximal zulässiger Expositionswert unter Berücksichtigung des Gehörschutzes von 85 dB(A) zu beachten. Dieser darf unter keinen Umständen überschritten werden.

Zur Umsetzung der LärmVibrationsArbSchV sind die dazugehörigen technischen Regeln (TRLV Lärm) zu beachten. Erforderliche Vorsorgeuntersuchungen regelt die „Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge“ (ArbMedVV).

Hinweis

Unterhalb von 80 dB(A) ist die Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) mit der Technischen Regel für Arbeitsstätten ASR A3.7 „Lärm“ wichtig. Ab 80 dB(A) gilt die LärmVibrationsArbSchV mit den TRLV Lärm.

Informationen zur Umsetzung in DGUV Information 209-023

Die DGUV Information 209-023 „Lärm am Arbeitsplatz“ (Stand: November 2021) bietet zahlreiche Informationen zur Entwicklung und Umsetzung von Lärmschutzmaßnahmen:

  • allgemeine Einführung in die akustischen Grundlagen
  • wichtigste Wirkungen von Lärm auf den menschlichen Organismus
  • Rechtsgrundlagen für die Einwirkung von Lärm
  • Durchführung von Lärmmessungen
  • Durchführung eines Lärmminderungsprogramms
  • Umsetzung von Lärmminderungsmaßnahmen
  • Gehörschützer und Gehörschutzvarianten
  • arbeitsmedizinische Vorsorge

Die DGUV Information „Lärm am Arbeitsplatz“ finden Sie auf der Website der DGUV.

Autor*in: Martin Buttenmüller