22.09.2023

Warum Inklusion am Arbeitsplatz kein Nischenthema ist – und wie sie gelingt

90 % aller Schwerbehinderungen gehen auf Unfall oder Krankheit zurück. Deshalb kann auch jedes Unternehmen jederzeit mit dem Thema „Inklusion“ konfrontiert werden. Denn wenn ein Mitarbeiter oder eine Mitarbeiterin durch eine Krankheit oder einen Unfall schwerbehindert werden, gibt es einen Rechtsanspruch auf eine stufenweise Wiedereingliederung (nach § 164 Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 SGB IX.) Arbeitgeber können sich dem nur verweigern, wenn die Durchführung der Wiedereingliederung unzumutbar ist oder wenn es berechtigte Zweifel an der Durchführbarkeit bzw. Sinnhaftigkeit des Wiedereingliederungsplans gibt.

Inklusion am Arbeitsplatz

Das große, übergeordnete Ziel von Inklusion am Arbeitsplatz ist, dass Betroffene nach einem Unfall oder einer Krankheit möglichst selbstbestimmt ihren Arbeitsplatz wieder einnehmen können.

In jedem Fall haben schwerbehinderte Beschäftigte einen Anspruch auf Arbeitsplatzumgestaltung. Dies setzt voraus, dass Schwerbehinderte den Arbeitgeber darüber informieren, welche Anpassungen erforderlich sind. Die Umgestaltung muss eine Über-, aber auch eine Unterforderung vermeiden. Es hängt vom Einzelfall ab, welche Umgestaltungen erforderlich sind.

Prüfen Sie, ob eine Arbeitsassistenz infrage kommt

Sofern technische Lösungen nicht praktikabel sind, besteht die Möglichkeit, dass die Beschäftigten von Arbeitsassistenzen unterstützt werden. Diese stellen eine dauerhafte Leistung der Integrationsämter dar, sofern die Betroffenen einen bescheinigten GdB (Grad der Behinderung) von mindestens 50 oder – bei Vorliegen weiterer Voraussetzungen – von 30 haben und die Arbeitsassistenz zur Erlangung oder Erhaltung eines Arbeitsplatzes erforderlich ist.

Formell werden die Arbeitsassistenzen entweder von den Personen mit Schwerbehinderungen angestellt oder von Agenturen gebucht. Sie können auch direkt vom Unternehmen engagiert werden. Weitere Voraussetzungen sind:

  • Der oder die schwerbehinderte Beschäftigte ist für den Arbeitsplatz ausreichend qualifiziert und kann die Kerntätigkeiten selbst übernehmen. Die Arbeitsassistenz erledigt Hilfstätigkeiten und gleicht Funktionseinschränkungen aus.
  • Es gibt keine technischen Lösungen, ggf. in Verbindung mit Kollegenhilfe, mittels derer die schwerbehinderte Person die Tätigkeiten auch allein durchführen könnte.
  • Die schwerbehinderte Person muss mindestens 15 Stunden in der Woche (Inklusionsbetriebe: 12 Wochenstunden) im Betrieb beschäftigt sein.

Ansprechpartner für Assistenzkräfte sind die Integrations- und Inklusionsämter (www.integrationsaemter.de).

Job-Coaching bietet Unterstützung für alle

Während sich die Arbeitsassistenzen auf die Unterstützung der Tätigkeiten von schwerbehinderten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern konzentrieren, erhalten beim Job-Coaching alle Beschäftigten (also auch Führungskräfte und Kolleginnen bzw. Kollegen) für eine bestimmte Zeit Unterstützung.

Job-Coaches sollen den Inklusionsprozess so lange wie nötig, insbesondere beim Einstieg ins Unternehmen, begleiten. Sie unterstützen die schwerbehinderten Beschäftigten beim Erlernen erforderlicher Fertigkeiten und beraten die Verantwortlichen im Betrieb bei der Anpassung von Abläufen und Arbeitsplätzen (z.B. Hilfsmittel zum Zählen, Markieren und Montieren).

Der neue Ansatz „Job-Carving“

Einen neuen organisatorischen Ansatz bietet das „Job-Carving“ (= „Job schnitzen“). Dabei wird nicht versucht, einen bestehenden Arbeitsplatz umzugestalten oder Beschäftigte so zu unterstützen, dass sie diesen Arbeitsplatz ausfüllen können.

Sondern es werden unterschiedliche Tätigkeiten zu einem (neuen) Arbeitsplatz zusammengeführt (ein Arbeitsplatz wird „geschnitzt“ und damit genau auf eine bestimmte Person zugeschnitten).

Von Personen mit geistigen Einschränkungen werden beispielsweise einfache Tätigkeiten wie Kuvertieren, Stempeln, Botengänge oder Telefonempfang übernommen. Dies erfordert meist auch eine Veränderung der Tätigkeiten anderer Beschäftigter, die Arbeitsbereiche abgeben und/oder zusätzlich erhalten.

Erfolgsfaktoren für Inklusion

Über die hier kurz skizzierten generellen Ansätze zur Inklusion am Arbeitsplatz hinaus gibt es natürlich eine ganze Reihe weiterer einzelner Erfolgsfaktoren, die wesentlich dazu beitragen können, dass Inklusion in Ihrem Unternehmen gut funktioniert und gelingt.

Stichworte in diesem Zusammenhang sind beispielsweise Verbesserungsprozess, Vielfalt und Akzeptanz, positive Fehlerkultur, Kommunikationswege, Vermeidung von Missverständnissen, betriebliche Erfordernisse und Unterstützungsgrenzen.

 

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Autor*in: Markus Horn