01.01.2024

Hinweisgeberschutzgesetz: die 10 wichtigsten Fragen und Antworten

Seit Juli 2023 regelt das Hinweisgeberschutzgesetz den Schutz von Whistleblowern in Deutschland. Unternehmen ab 50 Mitarbeitern müssen eine interne Meldestelle einrichten und dabei weitere Pflichten beachten. Alle Betriebe wird außerdem der hier geregelte Schutz von Hinweisgebern vor Repressalien betreffen. Was kommt da auf Sie zu? Das erfahren Sie in diesem Beitrag. Wir haben hier die 10 häufigsten Fragen, die in unseren Webinaren zum Hinweisgeberschutz gestellt wurden, umfassend beantwortet.

Whistleblower steckt Hand mit Hinweis ins Bild; durch das HInweisgeberschutzgesetz ist vor Repressalien geschützt.

1. Was will das Hinweisgeberschutzgesetz?

Das Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG) regelt den Schutz von Whistleblowern, die auf Missstände in Unternehmen, Behörden und anderen Organisationen aufmerksam machen. Das Ziel: Solche Hinweisgeber sollen, wenn sie Verstöße gegen Vorschriften (z.B. das Arbeitsschutzgesetz) oder interne Regularien melden, besser als bisher vor Repressalien wie Mobbing, Kündigung etc. geschützt werden.

Das Hinweisgeberschutzgesetz setzt die sogenannte Whistleblower-Richtlinie der EU (EU-Richtlinie 2019/1937 zum Schutz von Personen, die Verstöße gegen das Unionsrecht melden), in nationales Recht um. Es wurde am 2. Juni 2023 im Bundesgesetzblatt verkündet und ist am 2. Juli 2023 in Kraft getreten.

2. Welche neuen Pflichten gibt das Hinweisgeberschutzgesetz vor?

Das Hinweisgeberschutzgesetz stellt einige neue Anforderungen an Unternehmen:

  1. Meldewege: Das Hinweisgeberschutzgesetz sieht vor, dass Unternehmen aus bestimmten Branchen oder ab 50 Mitarbeiter eine interne Meldestelle und externe Meldewege einrichten müssen.
  2. Vertraulichkeit: Die Identität des Hinweisgebers sollen die Meldestellen vertraulich behandeln (§ 8 HinSchG).
  3. Untersuchungspflicht: Unternehmen sind verpflichtet, den gemeldeten Hinweisen nachzugehen und entsprechende Untersuchungen durchzuführen, sonst drohen Schadenersatz und Bußgelder.
  4. Verbot von Repressalien: Das Hinweisgeberschutzgesetz verbietet Repressalien gegen Whistleblower. Das Verbot gilt auch für die Androhung und den Versuch, Repressalien auszuüben.

3. Warum ist das Hinweisgeberschutzgesetz wichtig für Arbeitgeber?

Das Hinweisgeberschutzgesetz setzt nicht allen, aber vielen Arbeitgebern eine Reihe neuer Pflichten vor. Falls sie diesen nicht nachkommen, drohend Bußgelder. Unabhängig davon kann das Hinweisgeberschutzgesetz eine Chance sein, die interne Kommunikation und die Außenwirkung eines Unternehmens zu verbessern.

4. Für wen gilt das Hinweisgeberschutzgesetz?

Das Hinweisgeberschutzgesetz gilt ganz grundsätzlich für jedes Unternehmen, egal wie groß. Allerdings verpflichtet es Unternehmen erst ab mindestens 50 Beschäftigten, eine interne Meldestelle für Hinweise einzurichten.

Zusätzlich listet das Gesetz bestimmte Branchen auf, in denen Unternehmen unabhängig von ihrer Größe eine interne Meldestelle einrichten müssen, z.B. die Finanz- oder die Immobilienbranche.

5. Müssen sich kleine Unternehmen an das Hinweisgeberschutzgesetz halten?

Kleine Unternehmen mit in der Regel bis zu 49 Beschäftigten sind von der Pflicht ausgenommen, einen internen Meldekanal einzurichten. Die Schutzvorschriften des HinSchG (insbesondere der Schutz vor Repressalien nach § 36 HinSchG) dürfte aber auch in diesen kleinen Unternehmen gelten, wenn beispielsweise ein Arbeitnehmer einen Rechtsverstoß meldet.

6. Wer kann Hinweisgeber sein?

Hinweisgeber sind dem Gesetz nach alle natürlichen Personen, die im Zusammenhang mit einer beruflichen Tätigkeit oder in deren Vorfeld Kenntnis von Verstößen gegen Gesetze, Vorschriften oder interne Regularien erlangt haben.

7. Welche Verstöße fallen unter das Hinweisgeberschutzgesetz?

Whistleblower sind durch das Hinweisgeberschutzgesetz nur geschützt, wenn sie berufliches Fehlverhalten melden. Nicht geschützt sind sie, wenn sie über privates Fehlverhalten außerhalb des beruflichen Kontexts berichten. § 2 HinSchG enthält einen abschließenden Katalog der Tatbestände, die gemeldet werden können:

  • Straftatbestände
  • Ordnungswidrigkeiten, soweit es um den Schutz von Leben, Leib oder Gesundheit oder den Schutz der Rechte von Beschäftigten oder deren Vertretungen geht
  • bestimmte weitere Rechtsvorschriften auf Bundes-, Landes- oder EU-Ebene, die in § 2 HinSchG einzeln benannt werden. Beispiele sind unter anderem:
    • Steuervorschriften und Vorschriften zur Geldwäsche-Bekämpfung
    • Vorgaben zur Produktsicherheit
    • Vorgaben zum Umweltschutz
    • Datenschutz

Bei allen anderen Rechtsverstößen greift der Hinweisgeberschutz nicht. Das betrifft insbesondere sonstiges unethisches Fehlverhalten bzw. gravierende Missstände, die unterhalb der Schwelle einer straf- oder ordnungsrechtlichen Relevanz liegen.

8. Wie schützt das Gesetz Hinweisgeber?

Das Hinweisgeberschutzgesetz verbietet Repressalien wie Mobbing, Abmahnung, Suspendierung, Herabstufung, Kündigung als Reaktion auf einen Hinweisgeber: Unternehmen müssen beachten, dass sämtliche Repressalien einschließlich der Androhung und des Versuchs von Repressalien verboten sind. Hier wird ein hohes Bußgeld fällig. Zentrales Element zum Schutz von Hinweisgebern ist die Beweislastumkehr.

Was bedeutet die Beweislastumkehr? Ein Beispiel:

Sie erlangen Kenntnis davon, dass der Mitarbeiter X der Einkaufsabteilung Aufträge gerne mal danach vergibt, wer die attraktivsten Angebote für ihn privat macht. Da Sie wissen, dass Korruption und Bestechung in Ihrem Unternehmen weder gewünscht noch geduldet wird, melden Sie die verschiedenen Vorfälle bei Ihrem internen Hinweisgebersystem. Der für die Betreuung des Hinweisgebersystems zuständige Mitarbeiter ist aber leider noch sehr unerfahren, sodass er sich im Rahmen der internen Aufklärung bei Herrn X „verquatscht“ hat.

Herr X kommt daraufhin wutentbrannt zu Ihnen und legt Ihnen eine Abmahnung vor. Da Sie den Schutz des § 36 HinSchG genießen, leiten Sie diesen Vorfall an die Unternehmensleitung und – sofern vorhanden – an den Betriebsrat weiter. Nun sind nicht Sie in der Verpflichtung, die entsprechenden Beweise vorzulegen, sondern Herr X muss nachweisen, dass die Abmahnung auf gerechtfertigten Gründen basiert und nichts mit der Meldung zu tun hat – die sogenannte Beweislastumkehr.

9. Welche Konsequenzen drohen Arbeitgebern bei Verstoß gegen das Hinweisgeberschutzgesetz?

Wenn hinweisgebende Personen Repressalien ausgesetzt sind, können sowohl Vermögensschäden als auch immaterielle Schäden angerechnet werden. Zu Letzteren gehören Tatbestände wie Diskriminierung und Mobbing (§ 37 Abs. 1 HinSchG). Zu den Bußgeldern macht § 40 HinSchG folgende Vorgaben:

  • Mit einem Bußgeld in Höhe von bis zu 50.000 Euro kann belegt werden, wer eine Meldung oder die darauffolgende Kommunikation verhindert (oder dies versucht), wer eine verbotene Repressalie ergreift (oder dies versucht) oder wer vorsätzlich oder leichtfertig das Vertraulichkeitsgebot missachtet.
  • Wer fahrlässig das Vertraulichkeitsgebot missachtet, dem droht ein Bußgeld in Höhe bis zu 10.000 Euro.
  • Versäumen es Unternehmen ab 50 bis 249 Beschäftigte, Meldestellen bis Ende 2023 einzurichten, oder sind diese nicht nach den Vorgaben des Hinweisgeberschutzgesetztes ausgestaltet, drohen Bußgelder in Höhe von bis zu 20.000 Euro.
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10. Welche Aufbewahrungspflichten schreibt das Hinweisgeberschutzgesetz vor?

Der Rechtsausschuss des Bundestags hat kurz vor der Abstimmung im Bundestag noch eine Verlängerung der Aufbewahrungspflicht in das Hinweisgeberschutzgesetz eingefügt. Demnach beträgt die Aufbewahrungspflicht von Unterlagen, die eine rechtmäßige Bearbeitung des Hinweises belegen können, drei Jahre. Die Frist beginnt zu laufen, wenn der Fall abgeschlossen ist (§ 11 Abs. 5 HinSchG.).

 

Autor*innen: Martin Buttenmüller, Saskia A. Rotterdam, WEKA Redaktion