31.10.2024

Hinweisgeberschutz: Wie Sie interne Meldestellen einrichten

Das Hinweisgeberschutzgesetz fordert von Unternehmen, dass sie ein Hinweisgebersystem einrichten, mit einer internen Meldestelle im Zentrum. Wie können Sie das umsetzen? Der folgende Beitrag erläutert die gesetzlichen Vorschriften, die das Gesetz zum Hinweisgeberschutz explizit zur Umsetzung macht und gibt Tipps, wie Unternehmen diese erfüllen können.

Mann gibt jemandem einen Umschlag, dieser jemand nimmt die Hände in Abwehrhaltung hoch.

Die Bedeutung von Hinweisgeberschutz und der internen Meldestelle

Der gesetzliche Schutz von von Whistleblowern in Deutschland ist noch ganz frisch: Im Juli 2023 wurde nach zähem Ringen das Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG) verabschiedet. Mit dieser rechtlichen Grundlage zum Hinweisgeberschutz im Rücken, müssen sich Whistleblower nun weniger als bisher vor Repressalien fürchten. Sie können sich außerdem sicher sein, dass ihren Meldungen in einem unternehmensinternen Hinweisgebersystem nachgegangen wird.

Was sind Whistleblower?

Das Gesetz versteht darunter Personen, die Missstände in Unternehmen oder Behörden melden möchten, etwa berufliches Fehlverhalten wie Ordnungswidrigkeiten, Straftaten, Steuerhinterziehung, Umweltverschmutzung etc.

Eine zentrale Rolle für den Hinweisgeberschutz spielt die Einrichtung einer internen Meldestelle im Unternehmen. Die Einrichtung der internen Meldestelle ist eine neue Pflicht, die das Hinweisgeberschutzgesetz allen Unternehmen ab 50 Mitarbeitern sowie allen Unternehmen aus bestimmten Branchen auferlegt. Wer Missstände in einem Unternehmen beobachtet, der muss sich an diese interne Meldestelle wenden können. Die Stellen sind verpflichtet, solchen Hinweisen nachzugehen.

Gesetzliche Grundlagen und Regelungen zum Schutz von Whistleblowern

Das deutsche Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG) setzt die Whistleblower Richtlinie der EU um (langer Name: EU-Richtlinie 2019/1937 zum Schutz von Personen, die Verstöße gegen das Unionsrecht melden). Das Gesetz gibt dem Whistleblowing in Deutschland einen festen rechtlichen Rahmen, in dem es festlegt, welche Verstöße ein unternehmensinternes Hinweisgebersystem überhaupt berücksichtigen muss und wie genau welche Hinweisgeber vor Repressalien geschützt sind.

Lesen Sie mehr in unserem Beitrag zum Hinweisgeberschutzgesetz über den Geltungsbereich, Pflichten und Schutzmaßnahmen.

Aufgaben und Verantwortlichkeiten der internen Meldestelle

Die Aufgaben der internen Meldestelle umfassen nach § 13 HinSChG

  1. Meldekanäle betreiben
  2. Hinweisgeberschutz-Verfahren begleiten und organisieren
  3. Folgemaßnahmen ergreifen
  4. Informationen über externe Meldeverfahren für Beschäftigte zur Verfügung stellen

Schauen wir uns die einzelnen Aufgaben genauer an:

1. Meldekanäle betreiben

Um die Ansprüche zu erfüllen, die das Hinweisgeberschutzgesetz an das Hinweisgebersystem eines Unternehmens stellt, müssen Sie Meldungen sowohl in mündlicher als auch in schriftlicher Form ermöglichen. Neben Telefon und Sprachnachricht sollten auch E-Mail, Online-Formulare und eventuell eine sichere App zur Verfügung stehen.

Bieten Sie außerdem die Möglichkeit, persönliche Treffen mit dem Meldebeauftragten oder einem Vertreter der Meldestelle zu vereinbaren. Das schafft Vertrauen und ermöglicht eine direktere Kommunikation.

2. Prozess der Hinweisgebung und Handhabung von Meldungen

Was passiert, nachdem ein Hinweisgeber einen Verstoß gemeldet hat? Das schreibt das HinSchG in § 17 recht detailliert vor. Es führt hier auf, wie mit Meldungen von Hinweisgebern umgegangen werden soll, um diese zu schützen und sicherzustellen, dass die gemeldeten Verstöße angemessen untersucht werden. Diese Schritte zeigt die folgende Grafik:

Diese Grafik zeigt die einzelnen Schritte an, die die interne Meldestelle durchlaufen muss, sobald der Hinweis eines Hinweisgebers eingeht.
Diese Grafik zeigt die einzelnen Schritte an, die die interne Meldestelle durchlaufen muss, sobald der Hinweis eines Hinweisgebers eingeht.

Eine kurze Beschreibung der einzelnen Schritte:

  1. Eingangsbestätigung: Sie müssen dem Hinweisgeber in der Regel innerhalb von sieben Tagen den Eingang der Meldung bestätigen.
  2. Prüfung der Meldung: Prüfen Sie die Meldung auf ihre Stichhaltigkeit. Sie müssen außerdem bewerten, ob der gemeldete Sachverhalt tatsächlich einen Verstoß darstellt, der in den Anwendungsbereich des Hinweisgeberschutzgesetzes fällt und ob deswegen weitere Schritte erforderlich sind.
  3. Rückmeldung: Der Hinweisgeber muss innerhalb eines angemessenen Zeitraums, in der Regel innerhalb von drei Monaten, über die ergriffenen Maßnahmen oder das Ergebnis der Untersuchung informiert werden. Holen Sie auch ggf. ergänzende Informationen beim Hinweisgeber ein.

3. Folgemaßnahmen ergreifen

Je nach Ergebnis der Untersuchung ergreifen der oder die Meldebeauftragte entsprechende Maßnahmen. Diese können von internen Korrekturmaßnahmen bis hin zur Weiterleitung an zuständige Behörden reichen.

Alle Vorgänge muss die interne Meldestelle zwingend dokumentieren. Diese Dokumentation dient als Nachweis für die ordnungsgemäße Bearbeitung der Hinweise.

Achtung: Anonyme Meldungen muss die interne Meldestelle nicht bearbeiten

Interne Meldestellen müssen keine anonyme Meldungen ermöglichen. Reichen Mitarbeiter ihre Hinweise anonym ein, können die Meldestellen diese bearbeiten – müssen es aber nicht.

4. Informationen über Meldeverfahren zur Verfügung stellen

Das HinSchG zielt darauf ab, eine Kultur der Transparenz zu fördern, indem es sicherstellt, dass Hinweisgeber ohne Angst vor Vergeltung Verstöße melden können. Diese Kultur der Transparenz sollten Sie auch bei der Kommunikation über das Meldeverfahren leben. Erstellen Sie deshalb eine verständliche Anleitung, die Schritt für Schritt erklärt, wie Meldungen intern und extern eingereicht werden können. Diese können Sie z.B. auf der Unternehmenswebesite, in internen Portalen und an physischen Standorten einstellen.

Neben internen Meldewegen gibt das Gesetz auch die Möglichkeit vor, sich an externe Meldestellen zu wenden. Im  Gesetzestext heißt es zwar, dass die interne Meldestelle gegenüber der externen Meldestelle bevorzugt genutzt werden soll. Dies ist aber für die Hinweisgeber keine Verpflichtung. Wenn sie kein Vertrauen zu der internen Meldestelle des Unternehmens haben, können sie sich ausdrücklich an das Bundesamt für Justiz wenden. Dieses steht allen Hinweisgebern als externe Meldestelle zur Verfügung. Und wenn sie von dort keine Rückmeldung erhalten, dürfen sich Hinweisgeber straflos an die Öffentlichkeit wenden.

Interne Meldestelle einrichten: Best Practices

Die Einrichtung einer effektiven internen Meldestelle erfordert sorgfältige Umsetzung. Achten Sie dabei auf Folgendes:

  1. Transparente Kommunikation: Kommunizieren Sie transparent über den Meldeprozess und die Maßnahmen, die ergriffen werden, um den Schutz der Hinweisgeber zu gewährleisten.
  2. Feedbackschleifen ermöglichen: Implementieren Sie ein System, das es Hinweisgebern ermöglicht, Feedback zu geben, und informieren Sie sie über den Fortschritt ihrer Meldungen, soweit es die Vertraulichkeit erlaubt.
  3. Schulen Sie Ihre Mitarbeiter: Ein effektives Hinweisgeberschutzsystem sollte zudem regelmäßige Schulungen für Mitarbeiter beinhalten, um das Bewusstsein für die Wichtigkeit von Meldungen und den Schutz der Hinweisgeber zu stärken. Achten Sie auch darauf, dass die interne Meldestelle von vertrauenswürdigen und geschulten Personen geleitet wird, die in der Lage sind, sensible Informationen verantwortungsvoll zu behandeln.
  4. Schulen Sie Ihre Meldebeauftragten: Bei der internen Meldestelle können ein oder mehrere Meldebeauftragte tätig sein. Wichtig: Unternehmen müssen Meldebeauftragte entsprechend schulen. Sie sollten einen Lehrgang besuchen und zusätzlich ihre Fachkunde regelmäßig auffrischen (vgl. . § 15 HinSchG).
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Meldebeauftragte dürfen zwar auch andere Aufgaben und Pflichten wahrnehmen, allerdings müssen Sie sicherstellen, dass keine Interessenkonflikte entstehen und die Tätigkeit unabhängig ausgeübt wird. Konkrete Vorgaben gibt es sonst nicht. Meldebeauftragte können also z.B.  sein: Compliance-Leiter, Datenschutzbeauftragter, Finanzdirektor usw.

Hinweis: Interne Meldestelle extern einrichten

Die interne Meldestelle müssen Sie – ihrem Namen zum Trotz – nicht zwangsläufig im Unternehmen intern organisieren. Sie können die Aufgaben der Meldestelle auch auslagern, etwa an Ombudspersonen, Berater oder externe Dienstleister. Das ist gerade für kleinere und mittlere Unternehmen reizvoll. Darüber hinaus können Unternehmen mit bis zu 249 Mitarbeitenden interne Meldestellen gemeinsam mit anderen Unternehmen aufbauen.

Autor*innen: Martin Buttenmüller, Saskia A. Rotterdam, WEKA Redaktion