Gefahrstoffe sicher lagern: So geht das
In einer Gefährdungsbeurteilung für das Gefahrstofflager ist festzulegen, wie häufig Notfallübungen erforderlich sind. Außerdem ist zu prüfen, ob Flucht- und Rettungswege verkürzt werden können. Übersteigt die Fläche des Gefahrstofflagerraums 200 m2, sind mindestens zwei nach Möglichkeit gegenüberliegende Ausgänge vorzusehen. Bei mehr als 1.600 m2 Fläche muss diese Bedingung für jedes Geschoss erfüllt sein. Einer der beiden Fluchtwege darf über Rettungsbalkone, Terrassen, Außentreppen o.Ä. führen, sofern keine Gefährdung durch Feuer und Rauch vorliegt. Dabei darf ein Ausgang von jeder Stelle des Gefahrstofflagers höchstens 35 m entfernt sein.
Rechtlicher Rahmen zum Lagern von Gefahrstoffen
Als Lagerung bezeichnet man hier das Aufbewahren von Gefahrstoffen zur späteren Verwendung sowie zur Abgabe an andere. Der Begriff schließt die Bereitstellung zur Beförderung ein, wenn die Gefahrstoffe nicht innerhalb von 24 Stunden befördert werden.
Die Gefahrstoffverordnung selbst gibt nur wenige Hinweise auf Maßnahmen für die Lagerung. Konkretisiert werden die Maßnahmen durch
- die Technischen Regeln für Gefahrstoffe (TRGS) 509 „Lagern von flüssigen und festen Gefahrstoffen in ortsfesten Behältern sowie Füll- und Entleerstellen für ortsbewegliche Behälter“ sowie
- die TRGS 510 „Lagerung von Gefahrstoffen in ortsbeweglichen Behältern“.
Weitere Informationen sind z.B. in der TRBS 3145 zu finden, die den Umgang mit Gasen regelt.
Je nach Lagermenge, Ort und Stoff sind die Anforderungen an die Genehmigung, Anzeigepflicht und bauliche Gestaltung sowie an die Errichtung technischer Sicherheitsvorkehrungen sehr unterschiedlich. Diese Anforderungen gelten übrigens auch für nicht mehr benötigte und entleerte Behälter, die noch Reste von Gefahrstoffen enthalten können und zwischengelagert werden müssen.
Lagerklasse von Gefahrstoffen
Die Lagerklasse beschreibt die für die Lagerung relevanten Gefährdungsmerkmale des Gefahrstoffs. Sie basiert auf den Kriterien der Einstufung und Kennzeichnung nach Gefahrstoffverordnung bzw. den Kriterien der Klassifizierung nach Gefahrgutrecht.
Hat ein Gefahrstoff mehrere Gefährdungsmerkmale, wird er der Lagerklasse der für die Lagerung vorrangigen Gefährdung zugeordnet.
Das Gefahrstoff-Lager
Zur Lagerung von Gefahrstoffen braucht es auch ein Lager. Dieses muss von anderen Bereichen abgetrennt werden. Bei der Lagerung wird zwischen passiver und aktiver Lagerung unterschieden:
- Bei der passiven Lagerung sind die Behältnisse dicht verschlossen und dürfen während des Aufbewahrens im Lager weder befüllt noch entleert oder zu sonstigen Zwecken geöffnet werden.
- Aktive Lagerung ist das Aufbewahren in ortsbeweglichen Behältern, die am Ort ihrer Lagerung ortsfest als Entnahme- oder Sammelbehälter benutzt oder zu sonstigen Zwecken geöffnet werden. Bei diesen Tätigkeiten kann es zu einer Freisetzung von Gefahrstoffen kommen. Daher haben Sie bei aktiver Lagerung deutlich mehr Maßnahmen zu treffen.
Die sechs Basisanforderungen bei der Einrichtung eines Gefahrstofflagers
Grundlegend sind bei der Lagerung von Gefahrstoffen in Gefahrstofflagern folgende Anforderungen:
- sichere Beleuchtung: Eine ausreichende Beleuchtung muss vorhanden sein. Um gefährliche chemische Reaktionen zu vermeiden, dürfen sich die Gefahrstoffe durch die Beleuchtung nicht erwärmen.
- sichere Belüftung: Für den Fall, dass unbeabsichtigt Gefahrstoffe frei werden, ist eine ausreichende Lüftung nötig.
- sicherer Fußboden: Fußböden müssen auch dann sicher sein, wenn Gefahrstoffe wie Säuren oder Laugen austreten. Sie müssen deshalb beständig sein, nicht saugfähig und dicht.
- ausreichende Statik: Es dürfen keine Verpackungen und Behälter aus Lagereinrichtungen heraus- oder herabfallen können. Ein ausreichender Anfahrschutz muss ebenfalls vorhanden sein.
- Bereitstellung einer Notfallausrüstung: Für den Fall unkontrolliert freigesetzter Gefahrstoffe muss eine Notfallausrüstung bereitstehen.
- Schutz vor Feuer: Für Ihre Gefahrstoffe brauchen Sie einen Lagerraum, der mindestens feuerhemmend von anderen Räumen getrennt ist. Bei brennbaren Flüssigkeiten ist eine feuerbeständige Bauweise sogar Pflicht.
Zusammenlagerungsverbote
Aufgrund der unterschiedlichen gefährlichen Eigenschaften von Gefahrstoffen sieht die TRGS 510 bei einigen Gefahrstoffen eine Separatlagerung vor. Dies gilt z.B. immer für Gas.
Hinweis: Was bedeutet Separatlagerung?
Separatlagerung bedeutet, dass unterschiedliche Gefahrstoffe getrennt in unterschiedlichen Lagerabschnitten gelagert werden. Die Feuerwiderstandsdauer oder -fähigkeit beträgt dabei mindestens 90 Minuten. Dies kann in unterschiedlichen Räumen oder aber durch die Lagerung in einem Sicherheitsschrank erreicht werden.
Weitere Maßnahmen zur sicheren Lagerung von Gefahrstoffen
- Gefahrstoffe dürfen nur in den Originalgebinden gelagert werden. Die Gebinde müssen verschlossen sein. Füllen Sie die Gefahrstoffe um, so haben Sie die Gebinde, in die Sie die Gefahrstoffe füllen, wie die Originalgebinde zu kennzeichnen.
- Gefahrstoffe sind so aufzubewahren, dass Sie frei werdende Stoffe leicht erkennen können. Freigesetzte Stoffe müssen Sie umgehend beseitigen. Die dafür notwendige Schutzausrüstung muss schnell erreichbar aufbewahrt werden.
- Giftige, krebserzeugende und reproduktionstoxische Stoffe sind unter Verschluss oder so aufzubewahren und zu lagern, dass nur fachkundige und zuverlässige Personen Zugang haben.
- Lebensmittel haben im Lager nichts zu suchen. Essen, Trinken und Rauchen sind verboten.
- Zugang zum Lager dürfen nur dazu befugte Personen haben. Diese sind anhand einer Betriebsanweisung zu schulen.
Wie Sie Ihr Notfallmanagement im Gefahrstofflager organisieren
Personen müssen ein Gefahrstofflager in Notfällen sofort verlassen und sich in Sicherheit bringen können. Darüber hinaus ist ein Notfallmanagement zu organisieren: Es ermöglicht ein planvolles und zielgerichtetes Vorgehen bei der Schadensbegrenzung und zeigt, wie freigesetzte Gefahrstoffe ohne Gefährdung von Personen beseitigt werden können.
Dafür sind folgende W-Fragen zu beantworten:
- Wer soll handeln?
- Welche Aufgaben werden von diesen Personen abgearbeitet?
- Wie haben sich andere Personen im Gefahrenbereich bzw. in dessen Nähe zu verhalten?
Damit im Ernstfall geplant und zielgerichtet gehandelt werden kann, ist im Alarmplan auch ein Gefahrstoffaustritt vorzusehen.
Diese Notfallausrüstung sollte in Gefahrstofflagern immer vorhanden sein:
Für Feststoffe und Flüssigkeiten kann je nach Gegebenheiten folgende Ausrüstung erforderlich sein:
- persönliche Schutzausrüstung zum Eigenschutz bei unkontrolliert austretenden Gefahrstoffen
- für die konkret gelagerten Gefahrstoffe geeignete Bindemittel/Adsorbenzien (z.B. Saugtücher, saure Bindemittel, Sand oder Kieselgur)
- leere, dicht verschließbare Behälter für beschädigte oder undichte Behälter
- Gerätschaften, mit denen sich freigesetzte Gefahrstoffe aufnehmen oder rückhalten lassen
- Reinigungsmittel
Vorsicht schon bei der Einlagerung von Gefahrstoffen!
Jedes noch so sicher geführte Gefahrstofflager kann Sicherheitsprobleme bekommen, wenn Lieferungen nicht sorgfältig eingelagert werden. Folgende Maßnahmen sind erforderlich:
- eingehende Gebinde und Behälter sorgfältig auf ordnungsgemäßen Zustand hin prüfen
- mechanische Stabilität bei der Einlagerung beachten
- geeignete Lagereinrichtungen (z.B. hinsichtlich des Gewichts) benutzen
- eingelagerte Objekte gegen Herausfallen oder Herabfallen sichern
- Verpackungen bei der Einlagerung so ausrichten, dass der Inhalt klar erkennbar ist
- bei manueller Ein- und Ausstapelung die Stapelhöhe begrenzen
- das Gefahrgutlager regelmäßig abgehen und auf Auffälligkeiten achten
Denken Sie beim Lagern von Gefahrstoffen vor allem auch an den Brandschutz!
Ob besondere Brandschutzmaßnahmen für ein Gefahrstofflager erforderlich sind, richtet sich neben der Brennbarkeit der Stoffe nach Mengenschwellen. Maßnahmen können aber auch dann erforderlich sein, wenn die Gefahrstoffe gar nicht brennbar sind, aber durch Verpackungen Brandgefahr besteht oder von außen ein Brandübergriff möglich ist. Die konkreten Maßnahmen sind mit den Behörden und der Feuerwehr abzustimmen.