23.06.2021

Die ASR A1.6 Fenster, Oberlichter, lichtdurchlässige Wände

Die ASR A1.6 bezieht sich auf Arbeitsplätze und gilt für das Einrichten und das Betreiben von Fenstern, Oberlichtern und lichtdurchlässigen Wänden.

Fenster, Oberlichter und lichtdurchlässige Wände versorgen die Beschäftigten innerhalb der Arbeitsstätte mit möglichst ausreichend Tageslicht. Sie sollen ein sicheres Öffnen, Schließen, Verstellen und Arretieren ermöglichen. Beim Öffnen und Schließen darf keine Verletzungsgefahr entstehen. Auch ein gefahrloses Reinigen ist eine Grundanforderung an Sichtverbindungen, Fenster und Oberlichter.

Gefährdungen auf einen Blick

  • Ermüdung/Erschöpfung durch unzureichendes Tageslicht bzw. Beleuchtung
    Folge: erhöhte Unfallgefahr durch Aufmerksamkeitsdefizit
  • kein bruchsicheres Glas, z.B. bei bodentief eingebauten Fenstern (z.B. Schaufenster)
    Folge: erhöhte Unfallgefahr durch Absturz und Schnittverletzungen
  • mangelnde Luftqualität durch Fremdstoffe, Temperatur, Luftfeuchte durch nicht vorhandene öffenbare Fenster, Oberlichter und fehlende technische Lüftungsanlagen
    Folge: Gesundheitsgefahren durch Stoffe, Aufmerksamkeitsdefizite, Erkältungen, Allergien, allgemeines Unwohlsein

Grundsätzliches

In Arbeitsräumen ist es erforderlich, qualitativ am besten die Tageslichtqualität anzustreben.

Hinweis: Die in der weiter geltenden ASR 7/1 festgelegten Regelungen zur Sichtverbindung müssen nicht mehr berücksichtigt werden. Somit gehört die Sichtverbindung nach außen nicht mehr zu den grundsätzlichen Mindestanforderungen an jeden Arbeitsraum. Sollten jedoch Sichtverbindungen eingesetzt werden, sollten die Bemessungen der Arbeitsstätten-Richtlinie hierfür als Orientierungshilfe gelten.

Neben dem Beleuchtungscharakter ist bei Sichtverbindungen nach außen der Faktor des menschlichen Empfindens und Wohlbefindens entscheidend. Niemand hält sich gerne für längere Zeit in einem fensterlosen Raum auf. Die freie Sicht nach draußen, das Verfolgen des Tagesablaufs und der Witterung, kurzum, die Verbindung zur Außenwelt sind in dem Maße bedeutsamer, je kleiner der Raum ist, in dem man sich befindet. In einem sehr kleinen Raum ist eine großflächige Sichtverbindung also unbedingt zu empfehlen. Die Forderung nach einer solchen verliert sich aber gleichermaßen in zunehmender Größe und Weite der Raumdimension. In einem Großraumbüro etwa verringert sich das Bedürfnis nach einem „Blick aus dem Fenster“.

Mitarbeiter dürfen also auch dann beschäftigt werden, wenn etwa der Raum durch ein Deckenfenster hinreichend mit Tageslicht beleuchtet wird.

Die Forderung zur Beleuchtung im Arbeitsraum definiert die Arbeitsstättenverordnung über „ausreichend Tageslicht“. Dieser Forderung kann z.B. mit Tageslichtleitsystemen, Oberlichtern oder Fenstern entsprochen werden. Fenster stellen die günstigste und gängigste Lösung dar. „Möglichst ausreichend Tageslicht“ ist eine Formulierung, die etwas undurchsichtig anmutet. „Möglichst“ impliziert, dass im Einzelfall unter bestimmten Umständen Tageslicht in eingeschränktem Maße oder gar nicht vorhanden sein muss. „Ausreichend“ kann über den Tageslichtquotienten D = (E innen : E außen) x 100 % beziffert werden.

Beschaffenheit/Gefährdungen/Schutzmaßnahmen

Es ist zu gewährleisten, dass nur Fenster, Dachoberlichter und lichtdurchlässige Wände verwendet werden, die hinsichtlich ihrer Beschaffenheitsanforderungen den europäischen und nationalen Vorschriften (z.B. Produktrecht) entsprechen, die für die Verwendung in der Arbeitsstätte geeignet sind und sicher betrieben werden können.

Bei der Auswahl ist besonders auf die Glasart hinsichtlich der durchzuführenden Arbeiten zu achten. Eine Gefährdungsbeurteilung ist demnach notwendig. Sofern Arbeitsplätze oder Verkehrswege an Fenster grenzen, deren Brüstungshöhe zur Absturzsicherung nicht ausreichend ist und eine Absturzgefährdung besteht, muss eine andere ständige Sicherung gegen Absturz vorhanden sein. Bei feststehenden Fensterflügeln erfüllt auch eine absturzsichernde Verglasung, die den baurechtlichen Bestimmungen entspricht, diese Forderung.

Flügel von Fenstern müssen gegen unbeabsichtigtes Verlassen der Führungs- und Befestigungselemente gesichert sein.

Gefährdungen durch geöffnete Flügel sind zu vermeiden oder müssen minimiert werden. Gefährdungen wie Anstoßen oder Quetschen können u.a. vorliegen, wenn sich die Flügel im Aufenthaltsbereich von Personen oder im Bereich von Verkehrswegen unkontrolliert bewegen oder die erforderliche Breite von Verkehrswegen einschränken. Unkontrollierte Bewegungen von Flügeln können z.B. durch Dämpfungseinrichtungen, Auffangbügel, mechanische oder elektrische Verstelleinrichtungen vermieden werden. Quetsch- oder Stoßgefahr geht auch von Griffen, Hebeln, Kurbeln und Schlössern aus. Mögliche Schutzmaßnahmen können z.B. sein:

  • abgerundete Griffe und Hebel
  • in jeder Stellung eines Flügels mindestens 25 mm Abstand zu feststehenden Teilen des Fensters oder der Fensterlaibung
  • Hebel für Panikbeschläge seitlich drehbar oder als Wippe ausführen
  • Hebel für Kippfenster zurückversetzt in der Fensternische einbauen
  • Griffe und Hebel von einem sicheren Standort aus betätigen
  • Kurbeln als Einrichtungen für die Handbetätigung rückschlagsicher ausführen

Sonnenschutzsysteme müssen so installiert sein, dass sie das Öffnen der Fenster für die Lüftung nicht verhindern.

Sofern Fenster als Notausstieg Teil eines Flucht- oder Rettungswegs sind, gelten zusätzlich die Anforderungen der ASR A2.3 „Fluchtwege und Notausgänge, Flucht- und Rettungsplan“.

Kraftbetätigte Fenster

Von kraftbetätigten Fenstern können insbesondere mechanische Gefährdungen wie Quetschen und Stoßen ausgehen. Dies kann durch folgende Schutzmaßnahmen, auch für ferngesteuerte Einrichtungen, erreicht werden:

  • Einbauhöhe des Fensters von mehr als 2,50 m
  • Eingriffsweite ≤ 8 mm (z.B. an Einzugsstellen zwischen Schiebeflügeln)
  • akustische oder optische Warnsignale
  • langsame Flügelbewegung
  • geringe Schließkräfte
  • Einrichtungen vor dem Fenster, die einen Zugang zum Bewegungsraum verhindern
  • Nothalteinrichtung am Fenster
  • druckempfindliche Schutzeinrichtungen, z.B. Schaltleisten oder Kontaktschläuche
  • berührungslos wirkende Schutzeinrichtungen, z.B. Lichtschranken oder Lichtgitter
  • Steuerung ohne Selbsthaltung (Totmannsteuerung)
  • gerundete, gepolsterte Kanten
  • akustische Warnsignale
  • Halteeinrichtungen gegen Absturz von Flügeln

Fenster mit elektrischem Antrieb dürfen nur verwendet werden, wenn sie eine Netztrenneinrichtung (z.B. Hauptschalter, geeignete Steckverbindungen) besitzen, mit der die Anlage allpolig vom Stromnetz getrennt werden kann. Die Bedienung hat von einem sicheren Punkt aus zu erfolgen.

Dachoberlichter

Gefährdungen bei der Nutzung von Dachoberlichtern können z.B. sein:

  • Einengung des Verkehrswegs
  • Absturz von Beschäftigten, da diese i.d.R. nicht durchtrittsicher sind
  • Herabfallen von Gegenständen durch die Öffnung
  • Zugluft

Lichtdurchlässige Wände

In der Nähe von Arbeitsplätzen und im Bereich von Verkehrswegen ist die Kennzeichnung, z.B. mit Aufklebern, von durchsichtigen, nicht strukturierten Flächen in Augenhöhe erforderlich. Weiterreichende Schutzmaßnahmen, z.B. durch die Verwendung von Sicherheitsglas oder Geländer, sind dort erforderlich, wo trotz Kenntlichmachung die Gefahr besteht, dass Beschäftigte in die lichtdurchlässige Wandfläche hineinstürzen oder beim Zersplittern der Wände verletzt werden können. Sofern Arbeitsplätze oder Verkehrswege an lichtdurchlässige Wände grenzen und für die Beschäftigten eine Absturzgefährdung besteht, muss eine ständige Sicherung gegen Absturz vorhanden sein. Dies ist z.B. gewährleistet, wenn die Wand aus einer absturzsichernden Verglasung besteht oder ein Geländer montiert ist.

Bau einer Arbeitsstätte

Bereits beim Bau einer Arbeitsstätte muss man die allgemein anerkannten Regeln der Technik auch zur Reinigung, Instandhaltung und Prüfung berücksichtigen. Hier gilt es, möglichst viele Faktoren der Arbeitsstätte zu beachten:

  • Welche Tätigkeiten werden in der Arbeitsstätte durchgeführt?
  • Wie viele Mitarbeiter halten sich in diesem Betriebsteil auf?
  • Wie soll z.B. die Reinigung sichergestellt werden?
    • Bei kraftbetätigten Fenstern und Dachoberlichtern ist beispielsweise darauf zu achten, dass vor Reinigungs- und Instandhaltungsarbeiten der Antrieb abgeschaltet und gegen irrtümliches und unbefugtes Einschalten sowie gegen unbeabsichtigte Bewegung gesichert wird.
    • Bei Absturzgefährdung sind geeignete Maßnahmen zum Schutz gegen Absturz (z.B. feste oder mobile Umwehrungen, Anschlagpunkte) erforderlich.
    • Kraftbetätigte Fenster müssen nach den Vorgaben des Herstellers vor der ersten Inbetriebnahme, nach wesentlichen Änderungen sowie wiederkehrend sachgerecht von geeigneten Personen auf ihren sicheren Zustand geprüft werden. Die wiederkehrende Prüfung sollte mindestens einmal jährlich erfolgen.

Diese Fragen sollten bereits in der Bauphase besprochen werden, denn gerade hier kann man noch am besten und kostengünstigsten für alle Beteiligten handeln. Es gilt, möglichst optimale Bedingungen für die Mitarbeiter zu schaffen, um gesundheitliche Risiken auszuschließen und die Leistungsfähigkeit zu erhöhen.

Arbeitsstätten-Richtlinie = Leitfaden

Mit den Arbeitsstätten-Richtlinien werden Rahmenbedingungen für die Arbeitsstätten vorgegeben. Da es aber so viele unterschiedliche Berufe und Arbeitsstätten gibt, sind diese Rahmenbedingungen nicht verpflichtend, sondern eher ein Leitfaden. Hier haben die Arbeitgeber die Möglichkeit, die Arbeitsplätze anhand einer Gefährdungsbeurteilung zu analysieren und so individuell auf die Sachlage einzugehen. Es liegt in der Verantwortung des Arbeitgebers, für die Mitarbeiter eine gesundheitlich zuträgliche Arbeitsumgebung zu schaffen.

Autor*in: Oscar Baer