19.10.2020

Fachkraft für Arbeitssicherheit: Das sind ihre Aufgaben

Eine Fachkraft für Arbeitssicherheit hat umfangreiche Aufgaben zu erfüllen, die in alle Bereiche und Tätigkeiten eines Betriebs eingreifen. Ganz grundlegend geht es darum, Arbeitgeber beim Arbeitsschutz zu unterstützen. Unterstützen bedeutet jedoch nicht: Verantwortung abnehmen. Wo und wie können und sollen Sicherheitsfachkräfte deshalb überhaupt tätig werden? Alles zu den Aufgaben einer Sicherheitsfachkraft lesen Sie in diesem Beitrag.

Eine Fachkraft für Arbeitssicherheit beschreibt einer interessierten Person ihre Aufgaben

Die Aufgaben einer Fachkraft für Arbeitssicherheit, auch Sicherheitsfachkraft oder Sifa genannt, finden sich in § 6 des Arbeitssicherheitsgesetzes (ASiG), ins Detail geht die DGUV Vorschrift 2. Ein großes Manko: Die dort beschriebenen Aufgaben einer Sicherheitsfachkraft beziehen sich vor allem auf die innerbetriebliche Betreuung. Externe Sicherheitsfachkräfte finden sich hier nur bedingt wieder, darüber hinaus können sich die dort genannten Aufgaben auch auf Betriebsärzte und Fachkräfte verteilen.

Dennoch: Die DGUV Vorschrift 2 liefert gute Anhaltspunkte, um die Aufgaben einer Fachkraft für Arbeitssicherheit kennenzulernen. Der Beitrag beschreibt im Folgenden, welche Aufgaben Sicherheitsfachkräfte demnach erfüllen sollten.

1. Sicherheitsfachkräfte in erster Linie beratend tätig

Die erste und wichtigste Aufgabe einer Fachkraft für Arbeitssicherheit lautet:

Beratung des Arbeitgebers und der sonst für den Arbeitsschutz und die Unfallverhütung verantwortlichen Personen

Im Prinzip kann die Sifa jeden im Betrieb beraten: Vom Arbeitgeber über die Vorgesetzten bis zu den einzelnen Beschäftigten. In der Praxis bezieht sich ihr Beratungsauftrag jedoch überwiegend auf drei Personengruppen:

  • Arbeitgeber
  • Führungskräfte
  • Betriebs- und Personalräte

Wie kommt die Fachkraft für Arbeitssicherheit dieser Aufgabe nun am besten nach? Indem sie von Fall zu Fall die Notwendigkeit ermittelt, den zu Beratenden identifiziert und dann loslegt? Wesentlich effizienter ist es, im Unternehmen die Schaffung einer Arbeitsschutzorganisation anzuregen und zu unterstützen, die in die Führungstätigkeiten integriert ist. Die DGUV Vorschrift 2 nennt hierzu in Anhang 3 folgende Punkte:

  1. Integration des Arbeitsschutzes in die Aufbauorganisation
  2. Integration des Arbeitsschutzes in die Unternehmensführung
  3. Beratung zu erforderlichen Ressourcen zur Umsetzung der Arbeitsschutzmaßnahmen
  4. Sichern der Kommunikation und Information
  5. Berücksichtigung der Arbeitsschutzbelange in betrieblichen Prozessen
  6. Organisieren betrieblicher arbeitsschutzspezifischer Prozesse
  7. Sicherstellen der ständigen Verbesserung

In welchen Bereichen genau die Fachkraft für Arbeitssicherheit beratend tätig werden sollte, beschreibt das Arbeitssicherheitsgesetz:

Planung, Ausführung und Unterhaltung von Betriebsanlagen und von sozialen und sanitären Einrichtungen

Bei diesem Punkt geht es in erster Linie um die Arbeitsstätte, also um Betriebsgelände, Gebäude, Betriebsräume, Verkehrswege, Pausenräume, Sanitärräume und Sanitätsräume.

Kritisch ist hier insbesondere der Zeitpunkt, zu dem die Sifa beratende Aufgaben übernimmt. Oft erfährt sie erst durch eigene Beobachtung von Bau- oder Sanierungsarbeiten. Dann ist es für eine sinnvolle Beratung aber schon zu spät: Die Feststellung von Fehlern in der Planung nach erfolgten Baumaßnahmen zwingt oft zu teuren weiteren Baumaßnahmen. Wesentlich effektiver ist daher die Beratung schon in der Planungsphase, in die die Fachkraft für Arbeitssicherheit einbezogen werden sollte.

Beschaffung von technischen Arbeitsmitteln und Einführung von Arbeitsverfahren und Arbeitsstoffen

Bei der Beschaffung technischer Arbeitsmittel zeigen sich in der Praxis oft die gleichen Probleme wie bei den Baumaßnahmen: Die Sicherheitsfachkraft wird nicht informiert und erfährt von den neuen Arbeitsmitteln erst, wenn sie schon benutzt werden. Die rechtzeitige Beratung durch die Fachkraft für Arbeitssicherheit bei der Beschaffung von Arbeitsmitteln kann aber ohne großen Aufwand sehr viel Geld sparen!

Ähnliches gilt für die Änderung oder Einführung von Arbeitsverfahren, die sich häufig ergeben, wenn neue Arbeitsmittel beschafft wurden. Zu prüfen ist dann z.B., ob eine neue Betriebsanweisung und eine Unterweisung der Beschäftigten nötig sind.

Auch bei der Beschaffung von Arbeitsstoffen sind Sicherheitsaspekte zu berücksichtigen. Die Beratung durch die Sifa ist hier oft dringend erforderlich, z.B. bei der:

  • Beschaffung von Sicherheitsdatenblättern
  • Erstellung von Betriebsanweisungen
  • Beschaffung spezieller Körperschutzmittel und von Erste-Hilfe-Materialien
  • Unterweisung der Beschäftigten

Auswahl und Erprobung von Körperschutzmitteln

Körperschutzmittel dienen dem Schutz vor Gefahren, die sonst nicht abgewendet werden können, und umfassen z.B. Arbeitsschutzkleidung, Isolierkleidung, Schutzschuhe, Handschuhe, Gesichtsschutz, Schutzhelme, Gehörschutzmittel, Fallschutzmittel, Atemschutzgeräte und Hautschutzsalben. Die Sifa kann z.B. zu folgenden Aspekten beraten:

  • technische Eignung
  • Akzeptanz durch die Beschäftigten, Beteiligung an der Auswahl
  • Erprobung im praktischen Betrieb
  • Nutzungsbedingungen

Gestaltung der Arbeitsplätze, des Arbeitsablaufs, der Arbeitsumgebung und sonstige Fragen der Ergonomie

Die Anpassung von Arbeit an den Menschen erfordert nicht nur große Sachkenntnis, sondern auch die Kenntnis der betrieblichen Verhältnisse und der persönlichen Eigenschaften der Beschäftigten. Unterschieden wird hier nach Verhältnis- und Verhaltensprävention.

Die Verhältnisprävention beschäftigt sich mit den Komponenten der Arbeitsumgebung:

  • Sind die Räumlichkeiten geeignet?
  • Werden geeignete Arbeitsmittel verwendet?
  • Sind die verwendeten Arbeitsstoffe möglichst ungefährlich?
  • Werden die Arbeitsabläufe sicher gestaltet?

Die Verhaltensprävention setzt bei den Beschäftigten an:

  • Sind Betriebsanweisungen vorhanden?
  • Sind die Beschäftigten unterwiesen?
  • Werden Qualifizierungsmaßnahmen angeboten?
  • Wird zu sicherheits- und gesundheitsgerechtem Verhalten motiviert?
  • Werden die Beschäftigten arbeitsmedizinisch beraten?

Beurteilung der Arbeitsbedingungen

Die Beurteilung der Arbeitsbedingungen fällt heute unter den Begriff Gefährdungsbeurteilung (mehr darüber im diesem Beitrag). Die Sifa kann den Unternehmer und die Führungskräfte bei dieser Aufgabe unterstützen, insbesondere, indem sie hilft bei der:

  • Erstellung eines Gesamtkonzepts zur Gefährdungsbeurteilung
  • Durchführung und Dokumentation
  • Auswertung und Umsetzung in die betriebliche Praxis

2. Sicherheitstechnische Überprüfung der Betriebsanlagen und der technischen Arbeitsmittel

Ging es eben noch um die Beratung, bekommt die Sicherheitsfachkraft mit dieser Aufgabe einen selbstständigen Prüfauftrag:

  • Entsprechen die Betriebsanlagen und die technischen Arbeitsmittel den Vorschriften und dem Stand der Technik?
  • Sind die Arbeitsverfahren sicher?

Zur Durchführung der regelmäßigen Prüfungen benötigt die Sifa nicht nur entsprechende Unterlagen wie Pläne, Betriebsanleitungen und technische Daten, sondern auch Hilfsmittel wie z.B. Messgeräte.

3. Beobachtung der Durchführung des Arbeitsschutzes und der Unfallverhütung

Betriebe unterliegen ständiger Veränderung und es ist nicht zu erwarten, dass eine Sifa, die nur am Schreibtisch sitzt, von all diesen Veränderungen erfährt. Festgelegte und angeordnete Maßnahmen werden beispielsweise nicht immer umgesetzt, „Abkürzungen“ und „Vereinfachungen“ schleichen sich in das Verhalten der Beschäftigten ein.

Das Arbeitssicherheitsgesetz stellt deshalb die Sicherheitsfachkraft vor die Aufgabe, die Durchführung des Arbeitsschutzes zu beobachten, und hebt dabei drei Bereiche besonders hervor.

Betriebsbegehungen

Die Sicherheitsfachkraft muss die Arbeitsstätten in regelmäßigen Abständen begehen. Stellt sie Mängel fest, meldet sie diese dem Arbeitgeber oder demjenigen, der sonst für den Arbeitsschutz und die Unfallverhütung verantwortlich ist. Ferner schlägt sie idealerweise auch gleich vor, wie die Mängel beseitigt werden können, und wirkt darauf hin, dass diese Maßnahmen auch durchgeführt werden.

An Betriebsbegehungen können und sollen auch weitere Personen teilnehmen, z.B.:

  • die zuständige Führungskraft oder der Arbeitgeber selbst
  • die örtlich zuständigen Betriebs- oder Personalräte
  • Sicherheitsbeauftragte
  • Aufsichtspersonen der Behörde oder des Unfallversicherungsträgers
  • Vertreter der Brandschutzbehörde und der Umweltschutzbehörde
  • Vertreter der Versicherung (Verband der Schadenversicherer)

Benutzung von Körperschutzmitteln

Die Sicherheitsfachkraft hat die Aufgabe, auf die Benutzung der Körperschutzmittel zu achten. Denn vielen Beschäftigten ist das Tragen persönlicher Schutzausrüstung (PSA) lästig und/oder sie halten es für überflüssig. So kommt es oft vor, dass ein Betrieb vorbildlich mit allen nötigen Körperschutzmitteln ausgerüstet ist, sie in guter Qualität ausreichend zur Verfügung stellt und ihre Verwendung auch angeordnet hat, die Beschäftigten sie aber dennoch nicht benutzen.

Wenn die Sifa das entdeckt, kann sie zunächst den „Sünder“ ansprechen und auf die Verwendung von PSA und Ähnlichem hinwirken. Die Nichtbenutzung ist aber auf jeden Fall zu dokumentieren und dem Arbeitgeber bzw. dem Vorgesetzten zu melden.

Unfalluntersuchungen

Die Sifa hat die Ursachen von Arbeitsunfällen zu untersuchen, die Untersuchungsergebnisse zu erfassen und auszuwerten und dem Arbeitgeber Maßnahmen zur Verhütung dieser Arbeitsunfälle vorzuschlagen.

Diesen Auftrag kann sie auch ausdehnen auf Berufskrankheiten und arbeitsbedingte Erkrankungen. Die Auswertung meint nicht nur die eines einzelnen Ereignisses, sondern schließt auch entsprechende Statistiken mit ein.

4. Information der Beschäftigten

Darüber hinaus sollte sich jede Sicherheitsfachkraft dafür einsetzen, dass sich alle im Betrieb Beschäftigten den Anforderungen des Arbeitsschutzes und der Unfallverhütung entsprechend verhalten.

Es wurde bereits angesprochen, dass die Sifa die Beschäftigten belehren soll. Das ist etwas anderes als unterweisen! Unterweisung leitet sich ab von der Weisung und weisungsberechtigt sind nur der Unternehmer und seine Führungskräfte. Die Sifa gibt also Informationen an die Beschäftigten weiter, sie ordnet aber niemals etwas an.

In der Praxis wird die Sifa oft gebeten, an Unterweisungen zum Arbeitsschutz teilzunehmen: Sie besitzt fachliche Kompetenz dafür und hat verschiedene Lehr- und Präsentationsmethoden in ihrer Ausbildung kennengelernt. Soweit es um die Information der Teilnehmer geht, ist das auch in Ordnung. Es muss aber bei allen Unterweisungen zusätzlich eine weisungsberechtigte Person anwesend sein, die den Inhalt der Unterweisung für die Beschäftigten verbindlich macht. Ähnliches gilt auch für die Betriebsanweisungen.

5. Berichterstellung

Eine weitere Aufgabe der Fachkraft für Arbeitssicherheit ergibt sich aus § 5 der DGUV Vorschrift 2:

„Der Unternehmer hat die […] bestellten Betriebsärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit zu verpflichten, über die Erfüllung der übertragenen Aufgaben regelmäßig schriftlich zu berichten. Die Berichte sollen auch über die Zusammenarbeit der Betriebsärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit Auskunft geben.“

Es ist sinnvoll, dass Betriebsarzt und Fachkraft für Arbeitssicherheit diese Aufgabe gemeinsam übernehmen. Der Bericht sollte nach den einzelnen Aufgabengebieten strukturiert sein und jährlich erstellt werden. Ist er Jahr für Jahr gleich aufgebaut, fällt es leichter, Entwicklungen und Tendenzen zu erkennen.

Autor*innen: WEKA Redaktion, Dr. Kurt Kropp