Novelle zur Gefahrstoffverordnung: neue Pflichten im Umgang mit Asbest und KMR-Stoffen
Nach der Zustimmung des Bundesrats wird die Novelle zur Gefahrstoffverordnung zeitnah in Kraft treten. Sie enthält neue Pflichten für Auftraggeber und ausführende Unternehmen im Umgang mit Asbest sowie eine verpflichtende Umsetzung des Risikokonzepts für krebserzeugende Gefahrstoffe der Kategorie 1A oder 1B. Aber es gibt auch Pflichten, die entfallen oder deren Umsetzung erleichtert wird.
Das Ziel der Novelle der Gefahrstoffverordnung ist, den Schutz der Beschäftigten, die mit Gefahrstoffen umgehen, weiter zu verbessern.
Detailliertere Vorschriften für den Umgang mit KMR-Stoffen
Im Entwurf der Gefahrstoffnovelle sind bestehende Vorschriften detaillierter ausgeführt:
- Es wird nun ausdrücklich gefordert, dass – wann immer möglich – Gefahrstoffe in geschlossenen Systemen verwendet werden müssen. Nur falls dafür keine Möglichkeit besteht, dürfen andere Maßnahmen, die Expositionen verhindern oder vermindern, umgesetzt werden.
- Ebenso gibt es klare Regelungen für den Fall, dass Grenzwerte überschritten werden oder ein mittleres Risiko besteht. In diesem Fall ist unverzüglich ein Maßnahmenplan zu erstellen, mit dem Grenzwerte eingehalten werden bzw. ein niedriges Risiko erreicht wird, das sich unterhalb des Akzeptanzrisikos befindet. Dieser Maßnahmenplan muss vorgesehene Maßnahmen, eine damit angestrebte konkrete Expositionsminderung und den dafür vorgesehenen Zeitrahmen enthalten.
- In das Expositionsverzeichnis sind in Zukunft neben den krebserregenden und keimzellmutagenen Stoffen auch reproduktionstoxische Stoffe aufzunehmen und mindestens fünf Jahre aufzubewahren.
- Neben diesen zusätzlichen Pflichten gibt es auch eine, die in Zukunft entfallen soll: KMR-Stoffe der Kategorien 1A und 1B sowie spezifisch zielorgantoxische Stoffe der Kategorie 1 müssen in Zukunft nicht mehr unter Verschluss gelagert bzw. aufbewahrt werden.
- Und für Unternehmen, die ihre Expositionsdatenbank in der ZED der DGUV führen, gibt es eine Verbesserung: Sie müssen dafür in Zukunft nicht mehr die Beschäftigten oder deren Vertretung um Zustimmung bitten.
In der Novelle wird die Bedeutung des Akzeptanzrisikos von krebserregenden Stoffen in der Luft am Arbeitsplatz bei 40-jähriger Tätigkeit definiert. Wird dieses Akzeptanzrisiko eingehalten, gilt das Erkrankungsrisiko als niedrig und akzeptabel und wird „niedriges Risiko“ genannt. Dagegen definiert sich der Bereich des „mittleren Risikos“ als der Bereich zwischen Akzeptanz- und Toleranzkonzentration. Ein Überschreiten der Toleranzkonzentration wird als „hohes Risiko“ bezeichnet und ist nicht tolerabel.
Baufirmen sind zur Asbestüberprüfung verpflichtet
Ein weiterer wichtiger Hintergrund der Novellierung der Gefahrstoffverordnung ist, dass bis 1993 Asbest in Gebäuden verbaut werden durfte und deshalb bei allen Sanierungsprojekten mit Objekten, die vor diesem Datum gebaut wurden, dieser krebserregende Stoff vermutet werden muss. Noch immer stecken viele Millionen Tonnen asbesthaltiger Baustoffe in Eternitplatten, Rohren, Fliesen, Teppichen, im Fensterkitt und im Estrich. Im Nationalen Asbest-Dialog hatten sich Wohnungswirtschaft, Baugewerbe, Berufsgenossenschaften, Gewerkschaften und die Bundesregierung ursprünglich darauf verständigt, dass Eigentümer bzw. Bauherren die Erkundungspflicht haben und feststellen müssen, welche Gefahrstoffe bei der Sanierung zu erwarten sind. Der verabschiedete Entwurf der Bundesregierung sieht jedoch nur vor, dass sanierungswillige Bauherren ihnen vorliegende Informationen über mögliche Gefahrstoffe zur Verfügung stellen müssen. Liegen jedoch keine Informationen über frühere Bau- oder Umbaumaßnahmen vor, ist der Bauherr auch nicht verpflichtet, eine Untersuchung vornehmen zu lassen. Vielmehr müssen das, sofern die vorliegenden Informationen laut Gefährdungsbeurteilung nicht ausreichend sind, die beauftragten Baufirmen leisten.
Unklar ist derzeit, wie das in der Praxis aussehen soll: Muss es für jedes Gewerk eine eigene Asbestüberprüfung geben oder ist eine übergreifende möglich, an der sich die einzelnen Baufirmen kostenmäßig beteiligen?