Der Medizinphysik-Experte: Ein neues Berufsbild im Strahlenschutz
Seit Jahrzehnten wird in der Medizin ein besonders ausgebildeter Physiker gefordert – vor allem bei medizinischen Strahlenanwendungen. Mit der Novelle des Strahlenschutzrechts muss nun bei vielen medizinischen Anwendungen genau ein solcher Experte beteiligt sein. Gemeint ist der Medizinphysik-Experte. Da hierzu in den vergangenen Jahren auch neue Rechtsgrundlagen eingeführt wurden, ist es umso wichtiger, auf dem Laufenden zu sein und zu bleiben. Wir blicken hier nun einmal auf die Entwicklung zurück und fassen das Wesentliche zum aktuellen Stand zusammen.
Mit der Richtlinie „Strahlenschutz in der Medizin“ von 2011 wurde das Tätigkeitsprofil dieses speziell ausgebildeten Physikers erstmals präzisiert. Seit 2019 ist der Medizinphysik-Experte (MPE) gesetzlich verankert. Aber erst mit der Neugestaltung des Strahlenschutzrechts aufgrund der EURATOM-Norm 2013/59 wurden Funktion und Profil des MPE auf Ebene der Verordnung und des Gesetzes definiert.
Der gesetzliche Rahmen zum Berufsbild Medizinphysik-Experte
Die Verpflichtung zur Einbeziehung von Medizinphysik-Experten ist im Strahlenschutzgesetz (StrlSchG) klar geregelt, konkret in § 14 und § 86 (10). Für Röntgeneinrichtungen besteht eine Übergangsregelung bis zum 31.12.2022 – vorausgesetzt, die Anlage wurde schon vor Inkrafttreten des Gesetzes betrieben.
Zu beachten ist auch die Empfehlung der Strahlenschutzkommission „Hinzuziehung des Medizinphysik-Experten“ von 2018. Sie bezieht sich auf die EU-Richtlinie 2013/59/Euratom, die als Grundlage für die Novellierung des Bundesrechts diente.
Außerdem gibt es zu diesem Thema seit Februar 2021 eine neue Vorschrift, und zwar das Richtlinienmodul zur StrlSchV „Erforderliche Fachkunde im Strahlenschutz für Medizinphysik-Experten (MPE)“.
Fachgebiete für Medizinphysik-Experten
Die wichtigsten Anwendungsgebiete für MPE sind die klassischen strahlenanwendenden Fächer, also Strahlentherapie, Nuklearmedizin sowie Röntgendiagnostik
Auch in anderen Bereichen sind gelegentlich Medizinphysiker zu finden. Besonders bei modernen bildgebenden Verfahren ist ihre Beteiligung gefragt. Zu weiteren Bereichen zählen die medizinische Optik, Audiologie und Biophysik.
Ein Medizinphysik-Experte wird gemäß der Strahlenschutzverordnung hinzugezogen bei:
- Behandlungen mit radioaktiven Stoffen oder ionisierender Strahlung (Therapie: Strahlentherapie, Nuklearmedizin)
- Untersuchungen mit offenen radioaktiven Stoffen (Diagnostik: Nuklearmedizin)
- Untersuchungen mit CT oder Geräten zur dreidimensionalen Bildgebung von Objekten mit niedrigem Röntgenkontrast, ausgenommen Tomosynthese (Diagnostik: Radiologie)
- Interventionen, bei denen die Röntgeneinrichtungen zur Durchleuchtung eingesetzt werden (Interventionen: Radiologie)
Der Umfang richtet sich nach der Art und Anzahl der Untersuchungen bzw. Behandlungen sowie der Anzahl der eingesetzten Geräte. Es existieren auch Empfehlungen zum Umfang des erforderlichen Personaleinsatzes.
Welche Qualifikationen braucht der Medizinphysik-Experte?
Medizinphysik-Experten müssen für ihre Tätigkeiten Folgendes mitbringen:
- ein abgeschlossenes, einschlägiges Studium
- die nötige Fachkunde
- eine behördliche Anerkennung
- optionale Erweiterungen der Fachkunde
Das Strahlenschutzgesetz führt zur Ausbildung von Medizinphysik-Experten in § 5 (24) aus:
„Person mit Masterabschluss in medizinischer Physik oder eine in medizinischer Physik gleichwertig ausgebildete Person mit Hochschulabschluss, die jeweils die erforderliche Fachkunde im Strahlenschutz besitzt.“
Fachgesellschaften
Wesentliche Impulse zur Gestaltung des Berufsbilds stammen von den folgenden wissenschaftlichen Fachgesellschaften in den Bereichen Naturwissenschaften bzw. Medizin:
- Deutsche Physikalische Gesellschaft (DPG)
- Deutsche Gesellschaft für medizinische Physik (DGMP)
- Deutsche Gesellschaft für Biomedizinische Technik (DGBMT)